In der MotoGP ging das Interesse an schnellen WSBK-Piloten spätestens an dem Zeitpunkt zurück, ab dem auch in der Moto2 und kurz danach auch in der Moto3 mit Viertaktern gefahren wurde. Ben Spies und Cal Crutchlow waren die bisher letzten Superbiker, die nach dem Wechsel in die MotoGP Laufsiege einfahren konnten.
"Es ist auf jeden Fall nicht unmöglich", stellt Spies klar, räumt jedoch ein: "Die Lernkurve ist ziemlich steil, wenn man von der Superbike-WM in die MotoGP kommt. Das Niveau ist höher."
"Doch wenn jemand wie Johnny Rea genug Zeit bekommt, um sich anzupassen und das Motorrad richtig zu lernen, dann könnte er mit Sicherheit dort fahren, wo Cal fährt. Er wird aber nicht Marc Márquez besiegen", ist Spies überzeugt.
Junge Moto2-Talente anstatt erfahrene WSBK-Spitzenfahrer
In den vergangenen Jahren entwickelte sich ein Trend, extrem junge Talente in die MotoGP zu holen. Das Interesse an schnellen Superbike-Piloten war extrem gering. Fahrer wie Loris Baz und Eugene Laverty kämpften mit unterlegenem Material und konnten ihr wahres Potenzial nur bei Mischbedingungen oder Regen zeigen.
Spies kritisiert, dass die Fahrer zu wenig Zeit bekommen, wenn sie den Sprung in die MotoGP schaffen. "Die Unterschiede zwischen der MotoGP und der Superbike-WM sind riesig. Es ist Zeit nötig, um zu lernen. Die Jungs, die von der Moto3 und der Moto2 kommen, haben einen deutlichen Vorteil. Daran gibt es keine Zweifel. Das ist auf die Funktionsweise der Motorräder zurückzuführen", erklärt der Superbike-Champion von 2009.
Fahrer, die aus den kleinen GP-Klassen kommen, haben den Vorteil, dass sie den Umgang mit Prototypen gewohnt sind und wissen, welchen Fahrstil diese Maschinen verlangen.
"Sie fahren Prototypen, die nicht so stark rutschen wie Superbikes. Da geht es um Themen wie Kurvengeschwindigkeiten. Es gibt bei den Linien Unterschiede. Diese Unterschiede sind so groß, dass eine gewisse Zeit notwendig ist für die Umstellung", schildert Spies.
"Ein Superbike bringt man leichter ans Limit. Dann geht es nur noch darum, welcher Fahrer am öftesten über das Limit gehen kann und wie oft. In der MotoGP ist das Limit extrem hoch. Man muss sehr viel lernen, um dieses Limit zu finden", vergleicht der ehemalige Yamaha-Werkspilot.
Ducati bringt MotoGP-Technik in die Superbike-WM
Mit der Ducati Panigale V4R gibt es seit 2019 ein Superbike mit MotoGP-Genen. Spies bestätigt: "Die Ducati in der Superbike-WM ist so nah an einem MotoGP-Bike dran wie noch kein Motorrad zuvor. Deshalb hat Chaz (Davies) so zu kämpfen gehabt. Die Leistungsentfaltung dieser Ducati und das Chassis der Maschine sind viel näher an der MotoGP dran als alles andere zuvor."
"Chaz und ich sind Fahrer, die erst dann bremsen, wenn sie Gott sehen und sofort wieder ans Gas gehen. In der MotoGP ist das nicht der Stil, der zum Erfolg führt. Dort geht es um Schwung, um Kurvengeschwindigkeiten und solche Sachen. Deshalb hatte ich in der MotoGP zu kämpfen", erinnert sich Spies.
"Ich hatte vielleicht bei zwei Rennen in drei Jahren das Gefühl, alles aus dem Motorrad herausgeholt zu haben, wie ich es beim Superbike tat. Ich dachte sonst sehr oft, dass ich nicht alle Möglichkeiten genutzt habe", blickt der MotoGP-Laufsieger zurück und stellt fest: "Die Ducati ist so eng mit der MotoGP verbunden. Deshalb kam Bautista in die Serie und war von Beginn an stark."
