Felix Neureuther sah ganz genau hin, er fieberte angespannt mit bei Viktoria Rebensburg und Stefan Luitz, doch am Ende war er nach dem miserablen Start der deutschen Ski-Rennläufer in die neue Saison vor allem als Trostspender gefragt.
"Stefan, komm her Bursche", sagte er zu Luitz, als er ihn in seiner Funktion als Experte der ARD vor die Kameras bat. Kurz zuvor hatte er dem früheren Zimmerkollegen schon aufmunternd den Kopf getätschelt. Neureuther wusste nur zu gut: Platz 18 war nicht das, was sich Luitz, was sich auch die deutsche Mannschaft erhofft hatten.
Platz 13 für Rebensburg, Platz 18 für Lena Dürr, dazu Platz 27 für Alexander Schmid - erstmals seit 2003 landeten keine Deutsche und kein Deutscher unter den ersten Zwölf in Sölden. Eine ziemlich dürftige Ausbeute bei den beiden Riesenslaloms zum Auftakt des Weltcup-Winters. "Das braucht uns nicht komplett aus dem Gleis zu schmeißen", betonte der ernüchterte Alpinchef Wolfgang Maier, "wir wussten schon, dass es nicht so leicht wird." Aber: "Die Zugpferde sind halt noch nicht so weit, wie wir uns das vorgestellt haben. Das ist einfach Fakt."
Pinturault auf Hirschers Spuren
Andere sind weiter - auch, weil sie viel gnadenloser fahren. Die 17 Jahre alte Neuseeländerin Alice Robinson verblüffte im Riesenslalom mit ihrem Sieg vor Dominatorin Mikaela Shiffrin (USA) und Ex-Weltmeisterin Tessa Worley (Frankreich). Und der Franzose Alexis Pinturault machte am Sonntag vor Teamkollege Mathieu Faivre und Zan Kranjec (Slowenien) deutlich, warum er der erste Anwärter auf die Nachfolge von Marcel Hirscher (Österreich) als Gewinner des Gesamtweltcups ist. Pinturault "lässt die schweren Dinge so einfach aussehen. Er war der dominierende Mann", lobte Neureuther.
Dem ambitionierten Luitz war anzumerken, dass er nach zahlreichen Verletzungen zu Beginn des Jahres noch ein paar Kilometer in den Beinen braucht. "Heute hat einfach die Gnadenlosigkeit ein bisschen gefehlt, die die anderen an den Tag legen", bekannte der Allgäuer zudem - und lag damit durchaus auf einer Wellenlänge mit Alpinchef Maier, der anmerkte: "Die ersten 30 rücken immer enger zusammen, und es gibt nicht mehr viel Luft dazwischen. Entweder, du gehst komplett an die Limits ran, oder du musst dich eben mit den Leistungen weiter hinten begnügen."
Weltcup ist "kein Wunschkonzert"
Diese Analyse traf nicht zuletzt auf die ernüchterte Rebensburg zu. "Ich tue mich schwer, Gründe zu nennen", sagte sie nach ihrem zweiten Durchgang am Samstag, "aber das ist kein Wunschkonzert. Ich muss das erst mal sacken lassen, analysieren und dann weitermachen." Maier war ein wenig präziser: "Wenn man so passiv Ski fährt, was immer auch der Grund dafür war, dann fährt man halt nicht in der Weltspitze mit", sagte er erkennbar enttäuscht und bekannte: "Nicht unter den ersten Zehn, das bin ich von der Vicky nicht gewohnt."
Rebensburg war im zweiten Lauf zeitgleich mit Siegerin Robinson, wurde von der jungen und risikofreudigen Draufgängerin insgesamt aber deutlich abgehängt. "Saugut", sagte Maier anerkennend über die unbekümmerte Junioren-Weltmeisterin, "die zieht nicht zurück". Neureuther lobte: "Des Mädel fährt, des is un-glaub-lich."

