Titelverteidiger Neuseeland erwartet im Halbfinale der Rugby-WM ein großes Duell mit starken Engländern - und schielt doch bereits auf ein mögliches Endspiel gegen den Langzeit-Rivalen Südafrika.
Von Neuseelands legendären "All Blacks" spricht der englische Nationalcoach Eddie Jones schon vor dem Halbfinal-Clash bei der Rugby-WM nur im ultimativen Superlativ. "Sie sind die größte Sport-Mannschaft, die es jemals gegeben hat", schwärmte der gebürtige Australier erst kürzlich wieder von dem regelrecht mythisch verklärten Gegner seiner Mannschaft: "Wenn du der Beste sein willst, musst du die Besten schlagen. Und sie sind die Besten. Daran gibt es keinen Zweifel."
Zumindest keine mehr, wäre dabei zu ergänzen. Denn vor dem Start des Turniers in Japan hatten die Neuseeländer sehr wohl einige Schwächen gezeigt und sogar ihre längst angestammte Rolle als Topfavorit zwischenzeitlich eingebüßt. Doch mit bislang makelloser Bilanz sowie einer 46:14-Machtdemonstration im Viertelfinale gegen Irland, hat sich der Titelverteidiger längst rehabilitiert. Wenn Neuseeland und England nun am Samstag (10:00 Uhr MESZ) in Yokohama aufeinandertreffen, sind die Rollen deshalb klar verteilt.
Und das, obwohl auch die Briten im Turnierverlauf einen überzeugenden Eindruck hinterlassen haben. Ihr 40:16-Triumph im Viertelfinale gegen Australien war kaum minder beeindruckend als der neuseeländische gegen die letztlich bemitleidenswerten Iren. Englands Mannschaft ist auf einer Mission: die Schmach der Heim-WM vor vier Jahren, als sie in der Vorrunde ausgeschieden war, vergessen zu machen. Und sie ist dabei bereits weiter, als es ihr viele zugetraut hatten.
"Es geht darum, neue Geschichte zu schreiben"
"Es wird ein gewaltiger Kampf", kündigte deshalb auch Neuseelands Trainer Steve Hansen an, der zwei taktisch perfekt vorbereitete Teams erwartet: "Es wird darum gehen, die Nuss zu knacken und die Chance an sich zu reißen." Auf den Meriten der Vergangenheit, dem Ruf der berühmten "All Blacks", will sich der Weltmeister-Coach von 2015 ohnehin nicht ausruhen: "Die Geschichte ist die Geschichte - es geht darum, neue Geschichte zu schreiben", sagte er.
Doch bei allen Respektbekundungen und dem vermeintlichen Understatement geht der Blick der Neuseeländer letztlich doch schon ein wenig weiter als "nur" bis zum Halbfinale. Die letzten sechs Duelle mit den Engländern haben sie schließlich allesamt gewonnen, in den letzten 16 Begegnungen gab es gerade mal eine Niederlage. "Ich denke, Südafrika wird immer unser größter Rivale bleiben", gab Coach Hansen offen zu und rückte damit bereits ein mögliches Endspiel mit dem langjährigen Rivalen in den Fokus.
Die Südafrikaner bekommen es schließlich am Sonntag (10:00 Uhr MESZ) mit Six-Nations-Sieger Wales zu tun. Nach einem kompromisslosen Viertelfinal-Erfolg über Gastgeber Japan gehen sie dabei ebenfalls favorisiert ins Rennen. In der Gruppenphase hatten sie trotz einer 13:23-Niederlage schon bewiesen, auf Augenhöhe mit den "All Blacks" zu agieren. Das Halbfinale soll auch für sie nur ein Vorgeschmack sein.

