Maximilian Schachmann saß wie ein Häufchen Elend auf einem Campingstuhl und blickte gedankenversunken ins Leere. Mit drei gebrochenen Knochen in der linken Mittelhand und einem bandagierten Knie endete sein bisher so starkes Debüt bei der Tour de France auf tragische Weise. Humpelnd und gestützt von medizinischem Personal verließ Schachmann den Zielbereich, er fliegt nun zurück nach Deutschland und wird dort operiert.
Das Einzelzeitfahr-Drama um den Berliner stellte aus deutscher Sicht selbst die verblüffende Julian-Alaphilippe-Show im Kampf um das Maillot jaune in den Schatten. Mit schmerzverzerrtem Gesicht und blutigem rechten Knie hatte sich Schachmann zuvor fast in Zeitlupe ins Ziel gequält.
"Meine linke Hand ist das Problem", meinte der geknickte Schachmann, der schon ahnte, dass seine Tour am 100. Geburtstag des Gelben Trikots vorbei sein würde. In einer Rechtskurve war er auf der 13. Tour-Etappe über 27,2 Kilometer verhängnisvoll gestürzt. "Ich bin zu schnell reingefahren und habe sie falsch eingeschätzt, die war tückisch. Mir ist die Straße ausgegangen, dann bin ich ins Außengitter eingetaucht", sagte Schachmann.
Auch die Sorge von Rundfahrthoffnung Emanuel Buchmann, der sich als 15. (+1:19 Minuten) im Spitzenfeld behauptete, galt Schachmann. "Es wäre echt schade, wenn er nicht weiterfahren könnte", sagte der 26-Jährige. Hinzu kam, dass Schachmann ausgezeichnet im Rennen lag und auf dem Weg zu einer Top-Platzierung war. Doch ein kleiner Fehler änderte für den Profi aus der Mannschaft Bora-hansgrohe alles.
Alaphilippe mit überragendem Rennen
Zur Sensation des Tages wurde aber Alaphilippe. Der 27 Jahre alte Publikumsliebling verteidigte nicht nur das Maillot Jaune, sondern hängte auf den 27,2 Einzelzeitfahr-Kilometern von Pau auch Rivale und Topfavorit Geraint Thomas höchst überraschend ab.
"Mein Sportdirektor hat völlig verrückt geschrien im Auto auf den letzten Metern, hinzu kam die jubelnde Menge - ich kann es noch gar nicht glauben", sagte Alaphilippe, dessen triumphaler zweiter Tagessieg bei dieser Tour von den Fans frenetisch gefeiert wurde.
Während der Franzose mit einem sensationellen Zeitfahr-Ritt den Tagessieg eroberte, wahrte auch Deutschlands Tour-de-France-Hoffnung mit einem 15. Platz die hohen Ambitionen im Gesamtklassement. "Das war ein sehr gutes Zeitfahren von mir. Ich habe mich gut gefühlt und einen guten Rhythmus gefunden. Meine Zeit ist in Ordnung", sagte Buchmann, der nach 13 Etappen der Frankreich-Rundfahrt Gesamtsechster ist.
Politt zweitbester Deutscher
Bei Buchmann summierten sich am Ende 1:19 Minuten Rückstand, gegen viele seiner direkten Rivalen hat er aber Zeit gut gemacht. "Das Zeitfahren war ein weiterer Schritt in die richtige Richtung", ordnete Buchmann ein. Tagesdritter wurde der Belgier Thomas de Gendt, Mitfavoriten wie Egan Bernal (1:22 Minuten) und Jakob Fuglsang (53 Sekunden) verloren ordentlich Zeit auf Vorjahressieger Thomas.
Ab diesem Freitag ist die Tour-Gesamtsieg-Rechnung aber wohl ohnehin nicht mehr ohne Alaphilippe zu machen. "Es ist einfach unglaublich", kommentierte er, der 1:26 Minuten vor Thomas führt.
Als zweitbester Deutscher hinter Buchmann belegte Nils Politt vom Team Katusha-Alpecin den 18. Rang im Zeitfahren. "Ich bin heute am Anschlag gefahren. Das Zeitfahren war ein weiterer Schritt in die richtige Richtung", kommentierte Buchmann. Vorausschauend Richtung Samstag fügte der Ravensburger an: "Das wird eine der entscheidenden Etappen bei der Tour."
Erik Zabel bei Feierlichkeiten dabei
Der Tag der 13. Etappe in Pau stand an diesem Freitag ganz im Zeichen des Gelben Trikots, das vor genau 100 Jahren erstmals übergeben wurde.
Auf einem Podest in der Nähe des Zielbereichs grüßten unter anderem die fünfmaligen Sieger Eddy Merckx und Bernard Hinault, auch der frühere deutsche Sprinter und jetzige Katusha-Alpecin-Funktionär Erik Zabel war bei der Zeremonie mit von der Partie.
An diesem Samstag (13:00 Uhr) wartet dann die erste Bergankunft in den Pyrenäen. Das Finale am berühmten Tourmalet verspricht Hochspannung und einige Attacken der Favoriten.



