Angelique Kerber rannte, schrie und kämpfte - doch nach ihrem tiefen Sturz über einen Tennis-Floh aus den USA verschwand sie mit hängendem Kopf in den Katakomben. Die Titelverteidigerin ist beim Grand-Slam-Highlight in Wimbledon völlig überraschend bereits in der zweiten Runde ausgeschieden. Gegen die nur 1,57 m große Lauren Davis blamierte sich Kerber mit einer 6:2, 2:6, 1:6-Niederlage.
"Es war überhaupt nicht mein Tag, ich habe von Anfang an nicht gut gespielt", sagte Kerber, als sie gut eineinhalb Stunden später mit geröteten Augen ihre früheste Wimbledon-Pleite seit sechs Jahren zu erklären versuchte: "Natürlich bin ich enttäuscht, aber ich muss daraus lernen und versuchen, es so schnell wie möglich zu vergessen. Es gibt solche Tage, heute war einer davon."
Auf dem anfangs nur spärlich besetzten kleineren Court Nr. 2 hatte Kerber gegen Davis schon zu Beginn kämpfen müssen. Gleich die ersten beiden Aufschlagspiele gab die Favoritin ab, schaffte allerdings jeweils umgehend das Re-Break. Dann rutschte ihre Gegnerin bei einem Vorstoß ans Netz aus und zog sich dabei vermeintlich eine ernstere Verletzung zu.
Ihr schon vor dem Match mit einem dicken Tapeverband versehenes linkes Knie schien Davis zwischenzeitlich große Probleme zu bereiten. Im ersten Durchgang gewann sie anschließend kein Spiel mehr, beantragte in der Satzpause eine medizinische Auszeit. Danach erfuhr Davis offenbar eine kleine Wunderheilung und wehrte sich wieder nach Kräften.
Kerber hadert, Davis zaubert
Die 25-Jährige rannte plötzlich wieder, als hätte es die Verletzungsunterbrechung nie gegeben. Nach zwei weiteren Breaks führte sie mit 3:1. Kerber dagegen haderte zunehmend mit dem eigenen Spiel, schaute mehrfach fragend in die eigene Box zu Trainer Rainer Schüttler. Doch Davis war wie verwandelt und schaffte nach 1:20 Stunden den Satzausgleich.
Nun war es an Kerber eine Auszeit zu beantragen, die Kielerin verschwand für einige Minuten in der Kabine. Anschließend wirkte sie wieder deutlich fokussierter. "Komm jetzt", schrie sie sich selbst zu: "Weiter, weiter, weiter." Allein: Es half nichts. Kerber war völlig von der Rolle, Davis spielte groß auf. Nach 1:54 Stunden war die Sensation perfekt. "Das bedeutet mir alles", sagte Davis anschließend: "Es ist beinahe surreal."
Görges und Struff halten die deutsche Fahne hoch
Letzte deutsche Hoffnungsträgerin ist nun Görges. Die 30-Jährige besiegte die russische Qualifikantin Varvara Flink 6:1, 6:4. Görges hatte von Beginn an das Geschehen dominiert, schlug alleine im ersten Satz sieben Asse. Nun winkte ihr die Neuauflage des Halbfinals aus dem Vorjahr gegen US-Superstar Serena Williams, gegen die sie im Vorjahr in zwei Sätzen verloren hatte.
Zuvor hatte bei den Männern der Warsteiner Struff seine gute Form bewiesen und wie im Vorjahr die dritte Runde beim Rasen-Major erreicht. Der 29-Jährige bezwang den US-Amerikaner Taylor Fritz, in der Vorwoche Sieger beim Vorbereitungsturnier in Eastbourne, in einem engen Match 6:4, 6:3, 5:7, 7:6 (7:2). "In den ersten beiden Sätzen war es einfach ein sehr gutes Match von mir", sagte er
Nächster Gegner von Struff ist nun der Kasachen Michail Kukuschkin, der Vorjahres-Halbfinalist John Isner (USA/Nr. 9) ausschaltete. Für Laura Siegemund war das Turnier nach einem 3:6, 5:7 gegen Barbora Strycova aus Tschechien dagegen beendet. Am Dienstag hatte Siegemund durch ein 6:2, 6:4 gegen Katie Swan noch ihren ersten Hauptrundensieg bei dem Rasen-Major überhaupt gefeiert.





