Alle Augen werden einmal mehr auf sie gerichtet sein: Am Sonntag will Caster Semenya nach der provisorischen Aufhebung der Testosteron-Regel wieder die 800 Meter laufen.
Stanford, 13.47 Uhr Ortszeit am Sonntag, zehn Frauen machen sich für den Start über 800 Meter bereit. Doch alle Augen werden nur auf sie gerichtet sein - Caster Semenya.
Die Olympiasiegerin rennt in der Diamond League erstmals wieder über ihre Paradestrecke, nachdem die umstrittene Testosteron-Regel der IAAF für sie provisorisch aufgehoben wurde. Ein weiterer Etappensieg der Südafrikanerin in ihrem nicht enden wollenden juristischen Ringen mit dem Leichtathletik-Weltverband.
"Erfolg wird von denen erreicht und gewahrt, die es versuchen und weiter versuchen", schrieb Semenya zuletzt bei Twitter. Und die 28-Jährige lässt auf ihrem Weg wirklich nichts unversucht. Am 31. Mai hatten Semenyas Anwälte vor dem Schweizer Bundesgericht erreicht, dass die umstrittene Testosteron-Regel für ihre Mandantin vorübergehend außer Kraft gesetzt wird.
Diese war zuvor vom Internationalen Sportgerichtshof CAS zwar als "diskriminierend", aber auch "notwendig" bezeichnet worden, um einen fairen Wettbewerb zu garantieren.
Die IAAF wiederum hatte am Dienstag die Wiedereinführung der Testosteron-Regel für Semenya gefordert. Ein "fairer und bedeutungsvoller Wettbewerb" erfordere "eine geschützte Kategorie für Frauen, deren Berechtigung auf der Biologie und nicht auf der Geschlechtsidentität basiert", teilte die IAAF mit. Man werde die Regel im Sinne der "Gleichberechtigung und Chancengleichheit" für alle Frauen und Mädchen "weiterhin verteidigen".
Läuferinnen wie Semenya mit dem so genannten "Differences of Sex Development" sollen nach den Vorstellungen der IAAF nur dann auf den Strecken zwischen 400 Meter und der Meile bei den Frauen starten dürfen, wenn sie ihren erhöhten Testosteronspiegel durch die Einnahme von Medikamenten unter einen Grenzwert drücken.
Semenya wehrt sich gegen die IAAF
Dies lehnt Semenya, die über 800 Meter zuletzt 30 Siege in Serie schaffte, kategorisch ab. Schließlich hatte sie damit zwischen 2011 und 2015 aufgrund einer vorherigen Regelung schlechte Erfahrungen gemacht. Semenya habe unter anderem Fieber bekommen, ihr war übel und der Unterleib schmerzte, wie aus dem zuletzt veröffentlichten CAS-Urteil vom 1. Mai hervorgeht.
Sie werde "nicht zulassen, dass die IAAF mich und meinen Körper wieder benutzt", sagte sie demnach und kritisierte die IAAF, sie als "menschliches Versuchskaninchen" benutzt zu haben.
Die IAAF argumentierte derweil, dass die zweimalige Olympiasiegerin Semenya zu den "biologisch männlichen Athleten mit weiblichen Geschlechtsidentitäten" gehöre. Wann das Schweizer Bundesgericht darüber entscheidet, ob die Regel für die gesamte Dauer des Verfahrens - das mehrere Monate dauern kann - für Semenya ausgesetzt bleibt, ist offen. Ein Sprecher wollte sich dazu gegenüber dem "SID" nicht äußern.
Und so werden, Stand jetzt, am Sonntag in Stanford um 13.47 Uhr Ortszeit alle Augen auf Semenya gerichtet sein.