Ein riskanter Schachzug hat sich voll ausgezahlt. Kawhi Leonard wechselte im vergangenen Sommer unter lauten Nebengeräuschen zu den Toronto Raptors, jetzt steht der NBA-Klub dank des leisen Multitalents als erster aus Kanada im Finale.
An Kawhi Leonard ging die ganze Aufregung komplett vorbei. Instagram, Twitter und Facebook sind dem 27-Jährigen im Gegensatz zu anderen NBA-Stars egal, und so hatte er keine Ahnung, was passiert war. "Ich bin nicht in Sozialen Medien unterwegs", meinte Leonard, als nach seiner Vorstellung bei den Toronto Raptors ein Video die Runde machte. Leonard hatte nur kurz gelacht, aber so speziell, dass es die Internetgemeinde von den Stühlen riss.
"Hallo, Erdlinge. Kawhi Leonard beobachtet Eure Spezies und hat gelernt, wie man das menschliche Lachen nachahmt", schrieb das Online-Portal "SB Nation". "Ha, ha, ha. Hahaha, ha, ha", habe es bei Leonard geklungen. Ein schwieriger Start für den Neuen, nach einem schwierigen Wechsel von den San Antonio Spurs.
Acht Monate ist der Hype mittlerweile her, inzwischen stehen die Raptors als erstes kanadisches Team im Finale der Basketball-Profiliga NBA. Vor allem dank Leonard geht es ab Freitag (03:00 Uhr MESZ) gegen Meister Golden State Warriors um den großen Preis, niemand macht sich mehr über den Schlüsselspieler lustig, Toronto liegt ihm zu Füßen.
"Er ist der beste Spieler in der Liga"
Dass die Reaktionen auf den Lacher so groß waren, liegt auch an Leonards Persönlichkeit. Anders als eitle Lautsprecher wie Russell Westbrook oder LeBron James ist der Small Forward ein ziemlicher Leisetreter. Leonard steht nicht gern im Mittelpunkt, verzieht kaum mal eine Miene und macht auf dem Feld scheinbar mehr oder weniger emotionslos seinen Job. Und den macht er verdammt gut.
"Er ist der beste Spieler in der Liga", sagte Raptors-Präsident Masai Ujiri zuletzt, "wir sind froh, dass er in Toronto ist." Leonard reagierte betont gelassen darauf - typisch für ihn: "Mir ist egal, ob ich der beste Spieler bin. Ich will nur gewinnen. Ich will, dass wir das beste Team sind."
Im NBA-Draft 2011 hatten die Indiana Pacers Leonard an Position 15 ausgewählt und noch am selben Abend an die Spurs abgegeben. Drei Jahre später war er mit den Texanern Meister, als wertvollster Spieler (MVP) der Finals. 2014/15 und 2015/16 wurde er als bester Verteidiger der Liga ausgezeichnet, ehe ihn in der darauffolgenden Saison Verletzungen ausbremsten.
Leonard machte nur neun Spiele, es kam zu Dissonanzen mit dem Klub, da er nicht auflaufen wollte, obwohl die Ärzte Grünes Licht gaben. Mitte Juli 2018 erfolgte der Trade nach Toronto, die Spurs erhielten beim Tauschgeschäft unter anderem DeMar DeRozan, das Gesicht der Raptors, und der war mächtig sauer. "Es gibt keine Loyalität in diesem Sport. Man kann ihnen nicht trauen", schrieb DeRozan bei Twitter.
Der Deal war laut "nba.com" "hochriskant". DeRozan hatte einen Vertrag bis 2021, Leonards läuft im Sommer aus, er kann die Kanadier also schnell wieder verlassen. Doch selbst, wenn es dazu kommen sollte, hat sich der Transfer gelohnt. Noch nie war die Franchise dem Titel so nah.
"Wir sind noch nicht fertig", sagte Leonard, der in den Playoffs bislang auf einen Schnitt von 31,2 Punkten und 8,8 Rebounds kam. Die Warriors sind der Favorit, doch es wird sich zeigen, wer zuletzt lacht.



































