Dennis Endras hat im Tor der Adler Mannheim deutsche Eishockey-Geschichte geschrieben. Der Goalie sicherte sich gegen den EHC Red Bull München nach 2015 nicht nur seinen zweiten Meistertitel mit den Adlern, sondern wurde auch noch als wertvollster Spieler der Finalserie ausgezeichnet.
Endras hielt dabei in beiden Auswärtsspielen seinen Kasten sauber - ein Novum in der DEL-Geschichte. Mit 92,48 Prozent abgewehrter Schüsse in den Playoffs war der 33-Jährige der große Rückhalt im Tor der Mannheimer und verdiente sich damit unsere Auszeichnung als Sportler des Monats April.
Mit sport.de hat Dennis Endras exklusiv über seine zweite deutsche Meisterschaft, seine Leistungen in den Playoffs sowie die Nicht-Berücksichtigung bei der bevorstehenden Eishockey-WM gesprochen.
Herr Endras, in der Woche nach dem Gewinn der deutschen Meisterschaft war extrem viel los. Die große Meisterfeier, der Empfang im Stadthaus, die unzähligen Medientermine usw. Wie stressig war es für Sie in den Tagen nach dem Titel?
Dennis Endras: Es war natürlich stressig, hat aber auch unglaublich viel Spaß gemacht. Am letzten Sonntag war der erste Tag, an dem nichts mehr anstand, an dem wir keine Termine mehr hatten und irgendwohin mussten. Das war dann auch mal schön! Da konnte ich dann alles ein bisschen sacken lassen. Die Feierlichkeiten an sich sind aber kein Stress. Sie machen einfach Spaß und sind ja auch so etwas wie der Lohn für eine anstrengende Saison.
Sie haben betont, neben der großen Party mit Tausenden Mannheimern auch die internen Feierlichkeiten mit Ihrer Mannschaft sehr genossen zu haben. Wie war es im Vergleich zu 2015, als Sie Ihren ersten deutschen Meistertitel mit Adler Mannheim geholt haben?
Es war insgesamt eine ganz andere Situation als vor vier Jahren. 2015 haben wir auswärts in Ingolstadt gewonnen, hatten dann erst einmal drei, vier Stunden Busfahrt für uns alleine. Dieses Jahr war direkt Party pur. Da war gar keine Zeit, einfach mal mit den Jungs zu reden, was sie fühlen oder wie sie das Ganze gesehen haben. Erst in den Tagen danach wurde es etwas ruhiger. Da konnten wir auch mal im Mannschaftskreis essen gehen. Es war auch wichtig, dass wir mal intern gesprochen haben. Die Meinungen der anderen Jungs sind ja auch total spannend, wie sie das alles wahrgenommen haben.
Am Ende wurde besonders viel über das entscheidende fünfte Finalspiel gegen München gesprochen. Sie waren vor allem in den Spielen zwei bis vier der große Rückhalt des Teams, als Sie in drei Begegnungen nur ein einziges Gegentor kassierten und damit DEL-Geschichte geschrieben haben. Was hat Sie und die Defensivreihe in diesen Spielen so stark gemacht?
Dass wir die Serie von 0:1 auf 4:1 gedreht haben, ist ein Kraftakt von jedem Einzelnen gewesen. Die Jungs in der Defensive müssen ihren Körper opfern, sich in jeden Schuss werfen und Zweikämpfe gewinnen. Die Arbeit vor meinem Tor gegen die gegnerischen Stürmer ist nie leicht. Da wird auch immer ein bisschen dreckig gespielt, weil es eben um sehr viel geht. Ich kann da nur jedem aus der Truppe ein Kompliment aussprechen, wie wir das dann heruntergerissen haben – gerade defensiv.
Woher hat Ihre Mannschaft diese Souveränität und das Selbstverständnis genommen, die Ihnen in den entscheidenden Spielen anzumerken war? Hängt das auch schon mit der herausragenden Hauptrunde mit dem Rekord von 116 Punkten zusammen?
Ich denke schon, dass wir das insgesamt als Prozess sehen können. Am Anfang einer Saison weiß man nie um die genaue Qualität einer Mannschaft. Vor allem, wenn es darum geht, auch mit Rückschlägen umzugehen. Im Laufe einer Saison passt das Ganze immer besser zusammen. Da zeigt sich dann, wie gefestigt eine Mannschaft ist oder was sie für einen Charakter hat.
Bis zu den Playoffs ist es schon ein riesiger Lernprozess. In den Playoffs musst du einfach deinen Kopf ausschalten, um deine Stärken wissen und an diese Stärken glauben. Du musst auch darauf vertrauen, dass jeder andere im Team seinen Job macht. Nur so hast du die Chance auf etwas Großes. Wir haben diese Stärke das ganze Jahr über entwickelt!
Diese Stärke haben Sie vor allem in den Momenten aufs Eis bekommen, in denen es nicht so lief. Sprich, nach der ersten Niederlage vor heimischem Publikum oder nach dem verspielten 4:1-Vorsprung in Spiel 5 …
Ja, absolut! Gerade in der letzten Begegnung, als es nach 4:1-Führung auf einmal in die Overtime ging, hat die Mannschaft echten Charakter bewiesen. Auch das war ein kleiner Lernprozess für uns, wahrscheinlich auch für die Zukunft. Nach dem 4:4 ging das Spiel im Prinzip wieder von vorne los. Da hat man gesehen, wie das Team wieder neu angelaufen ist und befreit aufgespielt und sich mit dem entscheidenden Treffer belohnt hat.
Beschreiben Sie einmal die Stimmung, die in der letzten Pause vor der Overtime in der Mannschaft herrschte. Haben Sie auch Sorgen gehabt, dass das Momentum endgültig zugunsten der Münchner kippen könnte?
Die Pause kam zu einem ganz guten Zeitpunkt, weil München im Schlussdrittel wirklich sehr stark war. So konnten wir uns einfach noch einmal sammeln. Wir haben dann wirklich versucht, wieder Ruhe rein zu bekommen und uns auf die eigenen Stärken zu konzentrieren, was zum Glück auch funktioniert hat.
Sie persönlich weisen in der Playoff-Serie einen herausragenden Wert von 92,48 Prozent abgewehrter Schüsse auf und haben mit vier Shutouts einen DEL-Rekord eingestellt. Wie blicken Sie selbst auf Ihre Leistungen in den letzten Wochen zurück?
Das sind natürlich schöne Zahlen, keine Frage! Ich habe aber eine Riesenhilfe vor mir, das dürfen Sie dabei nie vergessen. Als Mannschaft brauchst du einen guten Torwart, um eine Meisterschaft zu gewinnen. Ich denke, dass ich der notwendige Rückhalt für die Jungs war. Umso länger so eine Playoff-Serie geht, umso mehr Selbstvertrauen bekommst du selbst auch.
Nach 2015 war der Titelgewinn in diesem Jahr Ihre zweite Meisterschaft mit den Adlern. Was ist in diesem Jahr anders gewesen?
Wir hatten uns in diesem Jahr intern ein großes Ziel gesetzt, das war die Meisterschaft. Wir wussten um unsere Stärke, auch um die Qualität der Neuzugänge. Letztlich kannst du so etwas aber nicht planen, Erfolg lässt sich nicht so einfach kaufen. Wir haben uns dann auch nicht allzu überschwänglich gefreut, als wir eine Playoff-Serie gewonnen hatten, weil wir immer mehr wollten. Der Hunger in dieser Mannschaft war einfach riesengroß. 2015 wussten wir damals selbst nicht so genau, wie die Saison laufen könnte. Das Meisterglück war vor vier Jahren vielleicht größer, weil wir in diesem Jahr auch schon eine sensationelle Vorrunde gespielt hatten und dann natürlich klar war, wie die weiteren Ziele aussehen.
Die ganz großen Emotionen kamen dann aber nach dem entscheidenden 5:4 in der Overtime aus Ihnen allen heraus.
Zu Hause so einen großen Titel zu gewinnen, ist glaube ich für jeden von uns ein Kindheitstraum gewesen. Wir wussten in der Overtime ja nicht mehr: Gewinnen wir's? Gewinnen wir's nicht und müssen noch einmal nach München? Mit dem entscheidenden Tor in der Overtime war der Partymarathon dann eröffnet. Der ganze Druck fällt mit einem einzigen Schuss von einem ab. Ein unglaublicher Moment für uns alle!
Sie haben zuletzt mehrfach betont, sich zwischen den Spielen gar nicht viel mit Eishockey beschäftigt zu haben. War das für Sie auch einer der Schlüssel zum Erfolg, um sich vollkommen auf die wichtigen Momente fokussieren zu können?
Auf jeden Fall! In den Tagen vor so einer Finalserie und zwischen den einzelnen Spielen wächst der Rummel um einen herum schon gewaltig. Für einen Sportler ist die Gefahr da ziemlich groß, dass er sich zu sehr ablenken lässt oder mit zu vielen Menschen reden möchte. Mir hat es ganz gut getan, dass ich an den Tagen, an denen wir nicht gespielt haben, von alledem nichts wissen wollte. Ich wollte nichts lesen, ich wollte nichts hören. Ich wollte einfach abschalten und etwas anderes machen, um mich an den Spieltagen wieder voll auf die 60 Minuten konzentrieren zu können.
In dieser Woche geht es im Eishockey mit der WM in der Slowakei weiter, bei der die deutsche Nationalmannschaft am 11. Mai gegen Großbritannien ins Turnier einsteigt. Wie intensiv werden Sie die WM verfolgen, auch wenn Sie jetzt nicht im Kader stehen?
Klar verfolge ich das! Ich kenne ja die ganze Mannschaft persönlich. Ich bin jetzt zwar nicht dabei, aber hoffe trotzdem, dass wir ein super Turnier spielen werden.
Ein gutes Turnier heißt für Sie was genau?
Die Mannschaft hat die Qualität, um das Viertelfinale mitspielen zu können. Wir müssen uns vor anderen großen Nationen nicht verstecken. Es gibt in jeder Gruppe die großen Favoriten, gegen die wir frei aufspielen können. Wenn wir es ins Viertelfinale schaffen, ist mit ein bisschen Turnierglück auch hier alles möglich.
Wie groß ist bei Ihnen noch die Enttäuschung, dass Sie nicht selber dabei sind?
Natürlich habe ich mir schon Chancen ausgerechnet, aber der Bundestrainer trifft die Entscheidungen und das muss ich eben akzeptieren. Im Umkehrschluss habe ich so ein wenig mehr Zeit für die Familie und kann das Ganze noch ein bisschen mehr genießen. Da gibt es doch wirklich Schlimmeres.
Das Gespräch führte Mats-Yannick Roth
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