Suche Heute Live
Formel 1Formel 1
Artikel teilen

Formel 1
Formel 1

Fehler im Cockpit, Fehler am Kommandostand

Wie Vettel und Ferrari den WM-Titel verspielen

Sebastian Vettel und Ferrari stecken in der Formel 1 in der Krise
Sebastian Vettel und Ferrari stecken in der Formel 1 in der Krise
Foto: © getty, Charles Coates
07. September 2018, 12:50
sport.de
sport.de

Der Titelkampf in der Formel 1 biegt auf die Zielgerade. Das Pendel im WM-Duell schlägt mittlerweile deutlich in Richtung Lewis Hamilton aus. 38 Punkte hat Sebastian Vettel in den letzten vier Rennen auf den Briten verloren. Aus acht Zählern Vorsprung wurden 30 Zähler Rückstand. Viele sehen die Hauptschuld bei Ferrari - aus guten Gründen. Was läuft schief bei der Scuderia? sport.de nennt die Ursachen für die Wende im WM-Duell.

  • Vettels fehlende Coolness

Dass Vettel im Cockpit hin und wieder die Geduld verliert und zu viel riskiert, ist kein Geheimnis. Schon zu Red-Bull-Zeiten war der 31-Jährige für den ein oder anderen Crash verantwortlich. Im Laufe der Jahre hat es der Heppenheimer nicht geschafft, sein Temperament zu zügeln.

Einerseits hat ihn genau dieses Temperament zu vier WM-Titeln getragen. Andererseits hat es ihn in den letzten Jahren viele wertvolle Punkte gekostet. Allein in der Saison 2018 gibt es in Vettels Fehler-Akte zahlreiche Einträge. Ein paar Beispiele:

- GP von Aserbaidschan: Kurz vor Schluss liegt Vettel hinter Valtteri Bottas auf Platz zwei, als das Safety Car auf die Strecke kommt. Beim Re-Start will der Ferrari-Pilot zu viel. Vettel attackiert mit der Brechstange, verbremst sich, zerstört seine Reifen und wird nur Vierter. Besonders bitter: Bottas erleidet nach dem Re-Start selbst einen Reifenschaden. Sogar der Sieg wäre für Vettel möglich gewesen.

-  GP von Frankreich: Vettel startet von P3, kommt gut weg, hängt aber hinter Lewis Hamilton fest. Beim Anbremsen auf die erste Kurve liegt auch Bottas eine Wagenlänge vor dem Deutschen. Vettel verbremst sich, rutscht mit seinem Frontflügel in Bottas und fällt zurück. Am Ende reicht es nur zu Platz fünf.

- GP von Österreich: Vettel pennt im Qualifying und übersieht den hinter ihm ranrauschenden Carlos Sainz. Der Spanier kann einen Crash nur mit Mühe verhindern. Die Folge: Vettel muss in der Startaufstellung drei Plätze zurück und beendet das Rennen auf P3. Ärgerlich: Beide Mercedes scheiden aus. Statt 25 oder 18 Punkte, macht er "nur" 15 Zähler gut.

Vettel crashte in Hockenheim
Vettel crashte in Hockenheim

- GP von Deutschland: Bei extrem schwierigen Bedingungen und einer halb nassen Strecke bewahrt Lewis Hamilton kühlen Kopf und gewinnt - von Startplatz 14 (!) aus. Vettel leistet sich dagegen einen schlimmen Fehler und rutscht in Runde 51 in Führung liegend ins Kiesbett.

- GP von Italien: Ferrari hat in Monza das beste Gesamtpaket, steht in Startreihe eins und behauptet die Führung am Start. In Kurve drei greift Lewis Hamilton an. Statt zurückzustecken und im weiteren Verlauf auf sein Auto zu vertrauen, hält Vettel voll dagegen. Es kommt zur Kollision. Vettel fällt auf den letzten Platz zurück und wird letztlich nur Vierter.

  • Das Räikkönen-Dilemma

Anders als Mercedes verzichtet Ferrari auf eine Stallorder. Das bringt bei den Fans Kredit, könnte am Ende aber den WM-Titel kosten. Dabei müssten gerade die Roten aus Maranello wissen, wie wichtig eine klare Hackordnung ist.

Schumi hatte stets einen Helfer
Schumi hatte stets einen Helfer

Michael Schumacher hatte Massa, Barrichello und Irvine. Sie alle waren nur dazu da, dem Kerpener zuzuarbeiten. Und auch Fernando Alonso konnte sich der Hilfe Massas stets sicher sein. Vettel bekommt diese bedingungslose Hilfe von Räikkönen nicht.

Dazu ist der Iceman längst nicht mehr der Fahrer, der er früher einmal war. Bestes Beispiel: Durch seine katastrophalen Starts waren der Scuderia taktisch oft die Hände gebunden. In acht (!) von 14 Rennen verlor der Finne in der ersten Runde mindestens eine Position. In keinem einzigen (!) Rennen machte er im ersten Umlauf auch nur einen Platz gut. Das schränkt den Kommandostand entscheidend ein.

Die Tatsache, dass die Scuderia Räikkönen in Bezug auf seine Zukunft im Ungewissen lässt, dürfte zur Motivation des Finnen ebenfalls nicht beitragen. Der 38-Jährige hat längst Stellung bezogen und will bleiben. Ferrari aber zeigt ihm die kalte Schulter. Keine guten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.

  • Taktische Fehlgriffe

Mehr als ein Mal sorgte die Scuderia im Laufe der Saison mit ihren taktischen Entscheidungen und anderen Fehlern für Kopfschütteln. Ein paar Beispiele:

- GP von Bahrain: Schon im zweiten Rennen der Saison lässt Ferrari Punkte liegen. Eine Fehlerkette führt dazu, dass Räikkönen beim Stopp zu früh grünes Licht bekommt. Der Finne reißt einen Mechaniker mit und muss das Rennen aufgeben. Sichere zwölf Punkte sind weg.

Kimi schied in Bahrain aus
Kimi schied in Bahrain aus

- GP von China: In Monza wollte Ferrari nichts von einer Stallorder wissen, in China sah das noch anderes aus. Damals opfert die Scuderia Räikkönen für Vettel, lässt den Finnen zu lange draußen und zerstört sein Rennen. Nur dank des Safety Cars reicht es zu Platz drei.

- GP von Spanien: Als einziger der Top-Piloten wird Vettel zwei Mal an die Box gerufen. Der Deutsche soll so am Ende des Rennens attackieren. Doch die Scuderia verzockt sich. Hamilton, Bottas und Verstappen fahren durch, Vettel wird nur Vierter.

- GP von Österreich: Kimi Räikkönen landet in Spielberg auf Platz zwei - 1,6 Sekunden vor Vettel, der Dritter wird. Warum hat die Scuderia Vettel nicht vorbeigewunken? In der Schumi-Ära wäre so eine Entscheidung noch undenkbar gewesen.

- GP von Deutschland: Vettel fällt nach seinem Stopp hinter Räikkönen zurück und fordert via Funk eine Stallorder. Die Box reagiert zu spät. Vettel verliert fünf Sekunden, riskiert anschließend zu viel und fliegt ab.

- GP von Ungarn: Die Scuderia riskiert viel und lässt Vettel als einzigen Top-Piloten auf den Softs ins Rennen. Der Plan scheint aufzugehen. Allerdings patzt die Crew beim einzigen Stopp des Deutschen. Vettel kommt hinter Bottas auf die Strecke und hängt ewig hinter dem Finnen fest. Die geplante Attacke auf den späteren Sieger Hamilton kann er so nicht mehr starten.

- GP von Italien: Den ersten Fehler begeht Ferrari im Qualifying. Räikkönen geht hinter Vettel in die letzte Runde und nutzt den Windschatten zur Pole. Im Rennen geht Kimi viel zu früh an die Box, hängt danach lange hinter Bottas fest. Hamilton holt auf und überholt Räikkönen, der sich seine Reifen beim Hinterherfahren zerstört. Wieder ein Sieg für Hamilton, wieder eine Ohrfeige für Ferrari.

Christian Schenzel

Fahrerwertung

#FahrerTeamPunkte
1GroßbritannienLando NorrisMcLaren423
2NiederlandeMax VerstappenRed Bull Racing421
3AustralienOscar PiastriMcLaren410
4GroßbritannienGeorge RussellMercedes AMG F1 Team319
5MonacoCharles LeclercFerrari242

Italien GP 2018

1GroßbritannienLewis Hamilton1:16:54.484h
2FinnlandKimi Räikkönen+8.705s
3FinnlandValtteri Bottas+14.066s
4DeutschlandSebastian Vettel+16.151s
5NiederlandeMax Verstappen+18.208s

Newsticker

Alle News anzeigen