Hochspringerin Marie-Laurence Jungfleisch hat sich vor den Leichtathletik-Europameisterschaften in Berlin ehrgeizige Ziele gesteckt und freut sich besonders auf das heimische Publikum im Olympiastadion.
Mit sport.de hat die 27-Jährige exklusiv über die Ziele bei ihrer dritten EM, die große Favoritin Mariya Lasitskene und ihre Rolle im Team des deutschen Leichtathletik-Verbandes gesprochen.
Frau Jungfleisch, wie haben Sie die letzten Tage der Vorbereitung auf den Höhepunkt der diesjährigen Saison absolviert?
Marie-Laurence Jungfleisch: Wir sind zu Beginn der letzten Woche nach Kienbaum ins Trainingslager gefahren, wo wir bis zum 5. August geblieben sind. Von da aus ging es direkt nach Berlin. Die Qualifikation steht am 8. an, bevor es am 10. in das Finale gehen soll.
Wie sahen in der letzten Vorbereitungsphase in Kienbaum noch die Trainingstage aus?
Die letzten Tage vor so einem großen Wettkampf sind relativ ruhig. Wir (Jungfleisch trainierte gemeinsam mit Weitspringer Fabian Heinle vom VfB Stuttgart, Anm. d. Red.) haben unsere Trainingseinheiten am frühen Abend absolviert und haben versucht, in unserem Rhythmus zu bleiben.
Wie fühlen Sie sich so dicht vor dem Highlight des Jahres? Gibt es irgendwelche Beschwerden?
Ich fühle mich ganz gut und wohl. Nach den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg wurde ich krank, was wohl vor allem am schlechten Wetter lag. Das ging aber alles, nach vier Tagen konnte ich schon wieder gut trainieren, ohne irgendwelche Verluste zu haben.
Bei den deutschen Meisterschaften herrschten schwierige Bedingungen vor, Sie haben sich Ihren Titel mit "nur" 1,87 Metern gesichert. Wie schwer fällt es Ihnen, bei Regen in einen Wettkampf zu kommen?
Das stimmt, die 1,87 Meter waren sicherlich kein super Ergebnis! Wir konnten alle nicht die Leistung bringen, die wir normalerweise schaffen können. Es ist vor allem eine Kopfsache. Ich kann bei Regen eigentlich nicht ausrutschen, laufe aber trotzdem einfach vorsichtiger an, vor allem in der Kurve. Zum Glück wird es in Berlin besseres Wetter geben.

Ihre Jahresbestleistung steht derzeit bei 1,96 Meter. Ist das auch Ihre Zielsetzung für den Wettkampf in Berlin?
Ich habe es mir auf jeden Fall höher vorgenommen! 1,96 Meter sind natürlich okay, aber es ist nicht so, dass ich in Berlin damit zufrieden wäre. Ich möchte bei der EM wirklich meine beste Leistung zeigen und weiß auch, dass ich viel mehr drauf habe. Ich kam in dieser Saison noch nicht so gut in die Wettkämpfe rein, aber nach und nach ist es immer besser geworden und jetzt hoffe ich darauf, zum Höhepunkt der Saison auch Bestleistung zu springen.
Das heißt, im Idealfall sollte die "2" wieder vor dem Komma stehen?!
Das wäre schön, ja! Ich habe nach der EM auch noch zwei weitere Wettkämpfe in Eberstadt und Zürich und hoffe, dass ich bis zum Saisonende die zwei Meter einmal gepackt haben werde.
Zweimal sind die bei Europameisterschaften schon auf Platz 5 gesprungen. Wie groß ist der Medaillentraum in diesem Jahr?
Ich glaube jeder Athlet, der bei der EM startet, träumt von einer Medaille. Schön wäre es, aber ich würde nie sagen, dass es auf jeden Fall passieren wird! Ich spreche lieber sehr vorsichtig über solche Ziele, ansonsten sind die Erwartungen an mich auch von außen viel zu hoch. Eine Medaille zu gewinnen ist aber natürlich eine große Zielsetzung von mir.
Welche Rolle spielt Berlin als Austragungsort für Sie?
Ich finde es richtig cool, dass wir die EM in Berlin haben. Familie und Freunde können ohne große Probleme ins Stadion kommen und müssen nicht erst stundenlang fliegen. Die Zuschauer werden die deutschen Athleten hoffentlich besonders lautstark anfeuern, was uns alle zusätzlich motivieren wird. Ich persönlich habe so ein großes Event noch nie in Deutschland erlebt, von daher wird es für mich auf jeden Fall etwas ganz Besonderes werden.
Die ganz große Favoritin im Hochsprung wird ohne Frage Mariya Lasitskene sein, die in diesem Jahr sogar schon 2,04 m gesprungen ist. Führt die Goldmedaille überhaupt an ihr vorbei?
Hundertprozentig klar ist das natürlich nicht, aber sie ist schon die ganz große Favoritin. Da müsste schon viel passieren, dass jemand anderes gewinnt! Sie ist sehr stark in diesem Jahr!
In den letzten Jahren haben Sie immer sehr eng mit Ihrem Trainer Tamas Kiss zusammengearbeitet. Hat sich an der Herangehensweise und der Vorbereitung auf die großen Events zuletzt etwas verändert?
Nein, nicht wirklich! Das passt nach wie vor und wir arbeiten gut zusammen.
Mit mittlerweile 27 Jahren gehören Sie ja schon zu den erfahreneren Athletinnen in der deutschen Mannschaft. Haben Sie mittlerweile eine andere Rolle im Team eingenommen?
Ich fühle mich selbst natürlich reifer und habe in den letzten Jahren meine Erfahrungen bei den ganz großen Events gesammelt. Ich sehe aber trotzdem keine große Rollenveränderung. Ich fühle mich nicht wie die Mama oder so (lacht)! Ich mache mir auch keinen zusätzlichen Druck, nur weil ich jetzt mit 27 mehr Erfahrung mitbringe als andere.
Wie geht es in diesem Jahr noch weiter nach dem Saisonhighlight in Berlin?
Am 25. August werde ich auf jeden Fall wieder beim Hochsprung-Meeting in Eberstadt dabei sein, vor allem, weil es das letzte Mal dort sein wird. Danach steht noch das Finale in der Diamond League in Zürich an.
Das Gespräch führte Mats-Yannick Roth