Robert Hartings letzter Auftritt auf der großen internationalen Bühne ist perfekt, für den Diskus-Star schließt sich bei der Heim-EM in Berlin der Kreis: Der London-Olympiasieger gehört wie erwartet zum 128-köpfigen Rekord-Aufgebot des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) und darf neun Jahre nach seinem legendären ersten WM-Gold in seinem "Wohnzimmer" Olympiastadion noch einmal um eine internationale Medaille kämpfen.
"Für mich persönlich ist das total toll, wenn ich nominiert werde, dass sich der Kreis so schließt. Es wie bei einer alten Liebe, der man das nie gestanden hat. Da fragt man sich mit 85, warum habe ich ihr mit 19 nicht gesagt, dass ich sie liebe", hatte Harting nach den deutschen Meisterschaften dem "SID" erklärt: "Deshalb ist es schön, dass es diesen Abschluss gibt."
In Nürnberg am vergangenen Wochenende hatte sich der 33-Jährige in einem Diskus-Krimi Platz drei und damit das letzte EM-Ticket gesichert. Lediglich 20 Zentimeter lag er vor dem Viertplatzierten Martin Wierig, der trotz einer deutlich besseren Saisonbestleistung zuschauen muss.
Das DLV-Wurftrainerteam hatte sich für eine Nominierung der beiden in Nürnberg bestplatzierten, bis dato noch nicht nominierten Athleten ausgesprochen. Seinen letzten Wettkampf der Karriere absolviert Robert Harting beim ISTAF am 2. September in Berlin. Die EM habe aber noch eine andere Bedeutung, da "das im Nationaltrikot passiert".
Wierig nicht nachtragend
Der nicht nominierte Wierig zeigte Größe. Er werde sein EM-Aus "hinnehmen", hatte er bereits am Montag auf Facebook erklärt, auch wenn er von seiner Saisonbestleistung her die Nummer zwei in Deutschland und Nummer fünf in der Welt sei.
"Ich wünsche allen deutschen Teilnehmern viel Erfolg und werde euch die Daumen drücken, dass jeder von euch seine Ziele erreicht", sagte Wierig und betonte: "Besonders dir, lieber Robert Harting, wünsche ich von Herzen einen letzten großen Wettkampf in deinem Wohnzimmer."
Harting war in dieser Saison durch eine Knieverletzung gehandicapt. Im Frühjahr war die Quadrizepssehne in seinem rechten Knie gerissen - Training war nur eingeschränkt möglich. Für einen guten EM-Abschluss war er dabei ins Risiko gegangen und nur mit einer "Halbform" angereist - für Berlin peilt er 66,50 m an: "Meine persönlichen Ansprüche werden auch in der letzten Sekunde des Sportlerlebens nicht weichen."
Fünf Titelverteidiger, keine Vorgaben
Insgesamt geht der DLV mit fünf Titelverteidigern in die EM in Berlin. 2016 in Amsterdam hatten die deutschen Leichtathleten 16 Medaillen (5xGold, 4xSilber,7xBronze) gewonnen. Eine offizielle Medaillenvorgabe gibt es vonseiten des Verbandes nicht. Ein so großes DLV-Team ist bisher bei Europameisterschaften noch nie an den Start gegangen.
Neben den fünf Goldmedaillengewinnern von Amsterdam, Christina Schwanitz (Kugelstoßen), David Storl (Kugelstoßen), Cindy Roleder (110-m-Hürden), Gesa Felicitas Krause (3000-m-Hindernis) und Max Heß (Dreisprung), gehen vor allem die deutschen Speerwerfer mit Olympiasieger Thomas Röhler, Weltmeister Johannes Vetter und dem deutschen Meister Andreas Hofmann mit Medaillenambitionen in die Wettbewerbe.
Darüber hinaus gelten unter anderem Diskus-Olympiasieger Christoph Harting, Hürdensprinterin Pamela Dutkiewicz, die deutschen Mehrkämpfer mit dem WM-Dritten Kai Kazmirek und der WM-Zweiten Carolin Schäfer, die Sprinterinnen um Gina Lückenkemper sowie die Olympiavierte Malaika Mihambo im Weitsprung als Kandidaten für einen Podestplatz.
Mittelstreckenhoffnung Konstanze Klosterhalfen nimmt bei der EM wie erwartet die 5000 m anstatt die 1500 m ins Visier.
Das Aufgebot des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) für die Heim-EM in Berlin:
MÄNNER:
100 Meter: Kevin Kranz (Wetzlar), Julian Reus (Erfurt), Lucas Jakubczyk (Berlin)
200 Meter: Steven Müller (Friedberg), Aleixo Platini Menga (Leverkusen), Robin Erewa (Wattenscheid)
400 Meter: Johannes Trefz (München), Patrick Schneider (Fürth), Fabian Dammermann (Osnabrück)
4x100 Meter: Julian Reus (Erfurt), Lucas Jakubczyk (Berlin), Patrick Domogala (Mannheim), Robert Hering (Wattenscheid), Michael Pohl (Wetzlar), Roy Schmidt (Leipzig)
4x400 Meter: Johannes Trefz (München), Patrick Schneider (Fürth), Fabian Dammermann (Osnabrück), Torben Junker (Dortmund), Manuel Sanders (Münster), Marvin Schlegel (Chemnitz)
800 Meter: Marc-Leo Reuther (Wiesbaden), Christoph Kessler (Karlsruhe), Benedikt Huber (Regensburg)
1500 Meter: Homiyu Tesfaye (Frankfurt), Marius Probst (Wattenscheid), Timo Benitz (LG Nordschwarzwald)
5000 Meter: Richard Ringer (Friedrichshafen), Marcel Fehr (Schorndorf), Florian Orth (Regensburg)
10.000 Meter: Richard Ringer (Friedrichshafen), Amanal Petros (Brackwede), Sebastian Hendel (LG Vogtland)
110 Meter Hürden: Gregor Traber (Tübingen), Erik Balnuweit (Wattenscheid), Alexander John (Leipzig)
400 Meter Hürden: Luke Campbell (Frankfurt)
3000 Meter Hindernis: Martin Grau (Höchstadt), Patrick Karl (Ochsenfurt), Johannes Motschmann (Berlin)
EM-Marathon Männer: Philipp Pflieger (Regensburg)
Marathon-Europacup Männer: Tom Gröschel (Rostock), Sebastian Reinwand (Düsseldorf), Marcus Schöfisch (lauftraining.com), Jonas Koller (Regensburg), Philipp Baar (Düsseldorf)
20 Kilometer Gehen Männer: Christopher Linke (Potsdam), Nils Brembach (Potsdam), Hagen Pohle (Potsdam)
50 Kilometer Gehen Männer: Nathaniel Seiler (Bühlertal), Carl Dohmann (Baden-Baden), Karl Junghannß (Erfurt)
Hochsprung: Mateusz Przybylko (Leverkusen), Tobias Potye (München), Eike Onnen (Hannover)
Stabhochsprung: Raphael Holzdeppe (Zweibrücken), Bo Kanda Lita Baehre (Leverkusen), Torben Laidig (Tübingen)
Weitsprung: Julian Howard (Karlsruhe), Maximilian Entholzner (Passau), Fabian Heinle (Stuttgart)
Dreisprung: Max Heß (Chemnitz)
Kugelstoß: David Storl (Leipzig)
Diskuswurf: Christoph Harting (Berlin), Daniel Jasinski (Wattenscheid), Robert Harting (Berlin)
Speerwurf: Thomas Röhler (Jena), Andreas Hofmann (Mannheim), Johannes Vetter (Offenburg)
Zehnkampf: Arthur Abele (Ulm), Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied), Mathias Brugger (Ulm)
FRAUEN:
100 Meter: Tatjana Pinto (Paderborn), Gina Lückenkemper (Leverkusen), Lisa-Marie Kwayie (Neukölln)
200 Meter: Tatjana Pinto (Paderborn), Jessica-Bianca Wessolly (Mannheim), Laura Müller (Rehlingen)
400 Meter: Nadine Gonska (Mannheim)
4x100 Meter: Lisa-Marie Kwayie (Neukölln), Rebekka Haase (LV Erzgebirge),
Keshia Kwadwo (Wattenscheid), Alexandra Burghardt (Mannheim), Gina Lückenkemper (Leverkusen), Tatjana Pinto (Paderborn), Jessica-Bianca Wessolly (Mannheim)
4x400 Meter: Hannah Mergenthaler (Mannheim), Nadine Gonska (Mannheim), Laura Müller (Rehlingen), Corinna Schwab (Amberg), Svea Köhrbrück (Berlin), Karolina Pahlitzsch (Berlin), Sophia Sommer (Bahlingen)
800 Meter: Christina Hering (München)
1.500 Meter: Diana Sujew (Frankfurt), Hanna Klein (Schorndorf), Caterina Granz (Berlin)
5.000 Meter: Denise Krebs (Leverkusen), Konstanze Klosterhalfen (Leverkusen)
10 000 Meter: Alina Reh (Ulm), Anna Gehring (Köln), Natalie Tanner (Frankfurt)
100 Meter Hürden: Cindy Roleder (Halle), Pamela Dutkiewicz (Wattenscheid), Ricarda Lobe (Mannheim), Franziska Hofmann (Chemnitz)
3.000 Meter Hindernis: Gesa-Felicitas Krause (Trier), Elena Burkard (LG Nordschwarzwald), Antje Möldner-Schmidt (Cottbus), Jana Sussmann (Hamburg)
EM-Marathon Frauen: Katharina Heinig (Frankfurt), Anja Scherl (Regensburg)
Marathon-Europacup Frauen: Fabienne Amrhein (Mannheim), Laura Hottenrott (Wattenscheid)
20 Kilometer Gehen Frauen: Emilia Lehmeyer (Berlin), Teresa Zurek (Potsdam), Saskia Feige (Potsdam)
Hochsprung: Marie-Laurence Jungfleisch (Stuttgart), Imke Onnen (Hannover) Stabhochsprung: Jacqueline Otchere (Mannheim), Stephanie Daubner (Ulm), Carolin Hingst (Nieder-Ingelheim)
Weitsprung: Malaika Mihambo (LG Kurpfalz), Sosthene Taroum Moguenara (Wattenscheid), Alexandra Wester (Köln)
Dreisprung: Kristin Gierisch (Chemnitz), Neele Eckhardt (Göttingen), Jessie Maduka (Düsseldorf)
Kugelstoß: Christina Schwanitz (LV Erzgebirge), Alina Kenzel (Waiblingen), Sara Gambetta (Halle)
Diskuswurf: Claudine Vita (Neubrandenburg), Shanice Craft (Mannheim), Nadine Müller (Halle)
Hammerwurf: Kathrin Klaas (Frankfurt)
Speerwurf: Christin Hussong (Zweibrücken), Katharina Molitor (Leverkusen), Dana Bergrath (Leverkusen)
Siebenkampf: Carolin Schäfer (Frankfurt), Mareike Arndt (Leverkusen), Louisa Grauvogel (LG Saar)