Nach 33 Rennen in Folge in den Punkten erlebt Weltmeister Lewis Hamilton beim Großen Preis von Österreich ein echtes Debakel. Ähnlich ergeht es Nico Hülkenberg. Ganz anders ist dagegen die Stimmung bei zwei Teams, die sonst nur wenig Schlagzeilen schreiben. Die Tops & Flops des Formel-1-Wochenendes:
- Die Gewinner des Wochenendes
Max Verstappen: Nach seinen Unfällen in China, Aserbaidschan und Monaco zweifelten viele Experten bereits an der F1-Tauglichkeit des Niederländers. Das Talent stritt ihm niemand ab, die nötige Ruhe und Reife sowie den klaren Kopf ließ er aber vermissen. Auch von den Red-Bull-Verantwortlichen setzte es eine deutliche Ansage.
Die mahnenden Worte sind offensichtlich angekommen. Nach Platz drei in Kanada und Platz zwei in Frankreich fuhr Verstappen in Spielberg einen am Ende souveränen Sieg ein. Zwar profitierte der Youngster von den Positionskämpfen hinter ihm, wie er seinen Vorsprung aber Runde für Runde ausbaute, war ganz großer Sport.
Da sein, wenn es drauf ankommt, jede noch so kleine Chance nutzen und auf Kommando Leistung bringen - das ist es, was die guten von den Ausnahme-Piloten unterscheidet. In Österreich machte Verstappen wieder einen Schritt in Richtung zweite Kategorie. Wenn er weiterhin die Konstanz der letzten Wochen an den Tag legt, werden seine Zweifler bald endgültig verstummen.

Fernando Alonso: Der Altmeister flog für viele Fans mal wieder unter dem Radar. Dabei zeigte Fernando Alonso auf dem Red-Bull-Ring eine Meisterleistung. Der Spanier, der aus der Box startete, bewegte seinen McLaren von der ersten bis zur letzten Runde am Limit, leistete sich keinen Fehler und raste als sensationeller Achter noch in die Punkte.
Sage und schreibe zwölf Plätze machte der "Samurai" auf seinem Weg ins Ziel gut. Schon nach der 1. Runde raunte er seine Mechaniker an und sagte: "Lasst euch mit der Strategie etwas einfallen. Ich fahre sicher nicht 71 Runden hinterher."
Einen strategischen Coup lieferte die McLaren-Box zwar nicht, dafür managte Alonso seine Softs besser als alle anderen Piloten, pflügte kompromisslos durch das Feld lieferte erneut den Beweis, dass er einer der besten Fahrer im Paddock ist.

Haas/Sauber: Ein Blick auf die Statistik reicht, um zu wissen, warum das Haas- und Sauber-Team zu den großen Gewinnern des Wochenendes zählen. Für Haas war das Finish auf den Plätzen vier und fünf das beste der Formel-1-Geschichte. Zudem war es überhaupt erst das dritte Mal (bei 50 Grand-Prix-Teilnahmen), dass beide US-Boliden in den Punkten landeten.
Ähnlich groß war die Freude bei Sauber. Zwei Wagen in den Punkten hatten Schweizer zuletzt vor 66 (!) Rennen. Während man von Charles Leclerc bereits Heldentaten gewohnt ist, steuerte Marcus Ericsson seinen Boliden in Österreich vom 18. Startplatz auf den zehnten Rang.
- Die Verlierer des Wochenendes
Mercedes: Spätestens nach der 1. Runde des Rennens war klar, dass die Silberpfeile und ihr Update-Paket in Spielberg nicht zu schlagen sein würden. Hamilton und Bottas distanzierten das Feld nach wenigen Umläufen und waren auf dem Weg zum One-Two-Finish. Dass ausgerechnet Mercedes technisches und menschliches Versagen treffen würden, war zu diesem Zeitpunkt undenkbar.
Während Bottas mit seinem Defekt schlicht Pech hatte, zog die Box mit ihrem haarsträubenden Strategiefehler den Unmut Hamiltons ("Was zu Hölle war das?!") auf sich. Ob die anschließenden Reifenprobleme der Tatsache geschuldet waren, dass der Weltmeister pushen musste und im Verkehr fest hing, ist nicht klar. Auszuschließen ist es aber nicht.
Der spätere Ausfall des Briten war letztlich nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte und Toto Wolff zu einer bemerkenswerten Aussage veranlasste: "Das ist der schmerzhafteste Tag der letzten sechs Jahre. Auf diesem Weg einen Doppelsieg zu verlieren, durch unsere Fehler und Unzuverlässigkeit, tut sehr weh."
Daniel Ricciardo: Vor dem Wochenende präsentierte sich der Sunny-Boy der Formel 1 in absoluter Bestform, sorgte für Lacher, war trotz der stockenden Vertragsgespräche die Ruhe selbst. Dann kam Spielberg.
Schon im Qualifying sorgte Ricciardo für einen Disput, als er sich nicht an teaminterne Absprachen hielt. Später sprach er zwar von einem Missverständnis, die Schlagzeilen waren da aber schon geschrieben.
Im Rennen gab der Red-Bull-Pilot eine noch unglücklichere Figur ab. Es begann mit einer starken Aufholjagd, setzte sich mit mysteriösen Reifenproblemen ("Es war seltsam") fort und mündete in einem vorzeitigen Ausfall aufgrund eines gebrochenen Auspuffs.

Damit bestätigte sich der Trend der letzten Wochen: Während Max Verstappen in den letzten drei Rennen 58 Punkte holte, sicherte sich Ricciardo gerade einmal 24 Zähler. Keine gute Ausgangslage für erfolgreiche Vertragsgespräche.
Nico Hülkenberg: Der 30-jährige Deutsche erlebte ein von vorne bis hinten desaströses Wochenende. Hülkenberg war in allen drei Trainings-Sessions und im Qualifying langsamer als Teamkollege Carlos Sainz. Allein das war schon eine Ohrfeige. Im Rennen kam dann nach nur elf Runden zum dritten Mal in den letzten sechs Rennen der vorzeitige K.o.-Schlag - schlimmer geht's nicht.
Die Krönung das Debakels war die Erkenntnis, dass Renault den Rückstand auf die Top-Teams keinesfalls wie geplant verkürzte. Stattdessen fuhren ihnen die Haas-Boliden rechts und links um die Ohren. Kassiert das Werksteam in Silverstone die nächste Klatsche, dürften rund um das Renault-Werk unruhige Zeiten anbrechen.

Christian Schenzel


