Anton Shipulin musste bei Olympia zuschauen - und gewann nun das erste Weltcup-Rennen nach den Winterspielen. Seinen Sieg in Kontiolahti widmete er den russischen Fans und seiner Schwester.
Den leidgeprüften Landsleuten schenkte Anton Shipulin zwar das Lachen wieder, der eigene Olympia-Schmerz aber war auch im Moment des Erfolgs spürbar. "Es fühlt sich noch immer unfair und unverständlich an", sagte der Russe, der wegen des Dopingskandals in der Heimat von den Winterspielen ausgeschlossen worden war und sich nun revanchierte: "Gott sei Dank habe ich nicht aufgegeben und die Sache als Motivation genutzt."
Mit viel Wut im Bauch war Shipulin im finnischen Kontiolahti, weniger als 100 Kilometer von der russischen Grenze entfernt, im Weltcup zum Sieg gesprintet. "Es ist toll. Hier sind so viele Fans, ich konnte sie einfach nicht enttäuschen", sagte er. Der erste Erfolg in diesem Winter war Genugtuung für verdammt harte Wochen, die der 30 Jahre alte Biathlet hatte durchstehen müssen.
Schwester Anastasiya in Pyeongchang erfolgreich
"Die Männer-Rennen habe ich mir nicht anschauen können", sagte Shipulin, den die ausgebliebene Einladung des Internationalen Olympischen Komitees nach Pyeongchang weiterhin verfolgt. Die olympischen Frauen-Wettkämpfe verfolgte er gleichwohl, schließlich lief seine Schwester Anastasiya Kuzmina mit - zweimal Silber und einmal Gold gewann sie für die Slowakei, "aber auch ein bisschen für mich", sagte Shipulin.
Kein Wunder also, dass er den Sieg im ersten Rennen nach den Winterspielen vor allem ihr widmete. Den Blumenstrauß nach der Siegerehrung verstaute der Staffel-Olympiasieger von Sotschi deshalb entgegen der Gepflogenheiten im eigenen Rucksack, um ihn später der drei Jahre älteren Schwester zu überreichen. Am Weltfrauentag bedachte Shipulin aber auch seine Gattin Luisa mit warmen Worten.
"Ohne ihre Unterstützung wäre das nicht möglich gewesen. Sie war in den Wochen für mich da", sagte er - und verriet gleichzeitig den Trick, mit dem seine Ehefrau die Motivation hochgehalten hatte. "Sie meinte: Ich muss gut trainieren, weil ich mir dort die Form hole, um im Wettkampf das Geld für das Essen zu verdienen."
"Ich habe bis heute keine Antwort vom IOC erhalten"
Dabei ist Shipulin darauf schon längst nicht mehr angewiesen. 13.000 Euro lobt der Weltverband IBU für jeden Weltcup-Sieg aus, der Familienvater hat davon bereits elf eingefahren und zudem unzählige Plätze auf dem Podest erstritten. Vielmehr geht es dem Ehrgeizling um Ruhm und Ansehen - das er im Zeichen der fünf Ringe wohl nicht mehr erlangen kann.
"Ich habe bis heute keine Antwort vom IOC erhalten. Ich wollte wissen, warum ich nicht eingeladen worden bin. Es gibt noch immer mehr Fragen als Antworten", klagte Shipulin. Ob er in Südkorea Edelmetall gewonnen hätte, ist reine Spekulation, beim Sieg in Kontiolahti profitierte er jedenfalls auch vom krankheitsbedingten Verzicht des französischen Dominators Martin Fourcade.
Aber darüber machte sich Schipulin im Moment des Erfolgs ohnehin keine Gedanken. "Ich bin froh", sagte er, "dass ich die ganzen russischen Fahnen sehe und die Menschen jubeln."
