Russland droht im Kampf um eine Begnadigung vor der Schlussfeier in Pyeongchang der K.o.: Die Bob-Pilotin Nadezhda Sergeeva (30) ist bei den Winterspielen positiv auf ein namentlich nicht genanntes Dopingmittel getestet worden. Dies bestätigte der russische Bobverband am Freitagabend Ortszeit.
Sollte der Dopingfall mit der B-Probe durch den zuständigen Internationalen Sportgerichtshof CAS bestätigt werden, wäre er der zweite für die "Olympischen Athleten aus Russland" in Pyeongchang nach dem des Curlers Alexander Kruzhelnicki. Die Stratgie der Russen, auf dem Weg zur Rehabilitierung den Verstoß des Curlers als bedauerlichen Einzelfall hinzustellen, wäre damit hinfällig.
Die B-Probe soll am Samstag ausgewertet werden. Das bestätigte eine in den Fall involvierte, namentlich nicht genannte Quelle der Nachrichtenagentur "AFP".
Auch die Russen sind sich offenbar über die Tragweite der neuesten Verfehlung im Klaren. "Der Bob-Verband Russlands und die Athletin selbst sind sich des Ausmaßes ihrer Verantwortung und der Auswirkungen des Vorfalls auf das Schicksal des gesamten Teams bewusst", hieß es in einer Mitteilung des Bobverbandes.
Verband bestätigt den Verdacht
"Der Test der Bob-Pilotin der russischen Nationalmannschaft, Nadezhda Sergeeva, vom 18. Februar ergab ein positives Ergebnis auf ein Herzmittel, das auf der Liste der verbotenen Substanzen enthalten ist", teilte der Verband weiter mit. Ob es sich bei dem Mittel wie auch beim Curler Kruzhelnicki um Meldonium handelt, war zunächst unklar. Gerüchten zufolge soll Sergeeva das Stimulanzium Trimetazidin eingenommen haben.
Der Verband betonte, dass die Athletin noch am 13. Februar negativ getestet worden sei und das "medizinische Personal der Nationalmannschaft der Sportlerin das Mittel nicht verschrieben" habe. Sergeeva hatte im Zweier-Wettbewerb zusammen mit Anschieberin Anastasia Kocherschova (30) den zwölften Platz belegt.
Sergeeva war schon einmal auffällig geworden. Die Bob-Pilotin wurde im März 2016 positiv auf Meldonium getestet, gut zwei Monate, nachdem das Herzmedikament auf die Verbotsliste gesetzt worden war. Weil die Konzentration bei ihr allerdings unter einem damals definierten Grenzwert lag, wurde sie nicht gesperrt und deshalb auch für einen Start in Pyeongchang zugelassen.
Am Samstag will die IOC-Exekutive entscheiden, ob die Suspendierung des Russischen Olympischen Komitees ROC aufgehoben wird und Russland unter eigener Flagge bei der Schlussfeier am Sonntag teilnehmen darf. Sollte eine erneute Verfehlung offiziell werden, hätte das IOC kaum noch Argumente für eine schnelle Wiedereingliederung der Russen.
Subkov bestätigt Vermutungen
Am Nachmittag hatte zunächst der ehemalige Bob-Pilot Alexander Subkov, der seine beiden Olympiasiege von Sotschi 2014 wegen Dopings aberkannt bekommen hatte und lebenslang für Olympia gesperrt ist, den neuesten Fall der Zeitung "Sport Express" bestätigt. Das Internationale Olympische Komitee IOC und die Ad-hoc-Kammer CAS in Pyeongchang wollten sich auf "SID"-Anfrage zunächst nicht äußern. Auch die Delegation der "Olympischen Athleten aus Russland" schwieg zunächst.
Noch am Freitagmorgen hatte vieles in Pyeongchang für einen Deal zwischen Russland und dem IOC gesprochen. "Die Aufhebung der Suspendierung kann teilweise oder auch vollständig erfolgen", sagte IOC-Sprecher Mark Adams, ohne auch auf Nachfrage Details zu nennen.
Die Aussage ließ vorübergehend folgende Interpretation zu: Die IOC-Exekutive könnte Russlands NOK wieder zulassen, dies aber an Bewährungsauflagen knüpfen, durch die mögliche Verstöße des Riesenreichs besonders hart bestraft würden. Nur wenige Stunden später sah die Doping-Welt unter den fünf Ringen schon wieder ganz anders aus.

