Die deutschen Ski-Freestyler erleben die fünfte Olympia-Nullrunde hintereinander. Wenn sich nichts Grundsätzliches ändert, wird es 2022 in Peking die sechste geben.
Heidi Zacher war gut drauf. "Ich hatte Spaß an meinem Job", sagte die beste deutsche Skicrosserin nach dem olympischen Wettkampf im Phoenix Snow Park von Bokwang. Allerdings war Medaillenkandidatin Zacher beim Saisonhöhepunkt gar nicht mitgefahren, sondern hatte für Eurosport am Kommentatorenplatz gesessen.
Ohne die 29-Jährige, die im Januar einen Kreuzbandriss erlitten hatte, ging der "Deutsche Skiverband" auch bei der zehnten und letzten Entscheidung der Ski-Freestyler leer aus. Es ist die fünfte Olympia-Nullrunde in Serie.
Seit die Sportart 1992 ins Programm genommen wurde, haben deutsche Athleten eine einzige von 132 vergebenen Medaillen geholt. Auch in Südkorea fand sich kein Nachfolger für Tatjana Mittermayer (Silber Buckelpiste/1992).
"Ja", sagte Heli Herdt, sportlicher Leiter der Sparte im "DSV" am Freitag, "die Gesamtbilanz ist ausbaufähig." Zumindest die Skicrosser seien nach einer guten Saison "mit stolzer Brust hergefahren und wollten mitreden." Zachers Ausfall aber wog genau so schwer wie jener der früheren Slopestyle-Weltmeisterin Lisa Zimmermann, die sich zudem mit dem Verband überworfen hat.
Zachers Ausfall eine "kleine Katastrophe"
Paul Eckert, Sieger der Generalprobe in Kanada, war als 18. bester deutscher Skicrosser. Julia Eichinger kam von einer Erkältung geschwächt nur auf den 21. Platz. "Das ist nicht so aufgegangen, wie wir uns das vorgestellt haben und wie es im Weltcup gelaufen ist", sagte Herdt.
"Wir intern sprechen nicht von einer Katastrophe." Seine Athleten hätten gekämpft, und der Ausfall von Zacher habe das gesamte Team "runtergerissen", das sei eine "kleine Katastrophe" gewesen.
Ergebnis kommt nicht von Ungefähr
Überraschend kam die Nullrunde nicht, schon gar nicht in den vier anderen Disziplinen Sprung, Buckelpiste, Slopestyle und Halfpipe. Weil es an Trainingsmöglichkeiten und Geld fehlt, weil der Bereich Buckelpiste nicht mehr gefördert wird, ist es fast als Erfolg zu werten, dass immerhin acht Deutsche zu den zehn Wettbewerben antraten.
Die Topnationen Kanada (sieben Medaillen) und USA (vier) hatten 30 bzw. 29 Starter, Wintersport-"Zwerg" Australien 16 (einmal Silber).
Ohne finanzielle Mittel fehlt der "Anschluss"
Herdt forderte ein Umdenken. "Mit den Mitteln, die wir jetzt haben, kriegen wir den Anschluss nicht", sagte er und verwies auf die ähnlich verfahrene Situation im Snowboard. In beiden Sportarten werden 2022 in Peking wohl 66 Medaillen vergeben.
"Wenn wir nur bei der Hälfte eine Chance hätten, hätten wir vielleicht fünf Medaillen mehr. Dann schaut der Medaillenspiegel, der ja immer so wichtig ist, am Ende ganz anders aus", sagte Herdt.
Mit dem Bestand, den er zur Verfügung habe, sei das aber "nicht leistbar", ergänzte Herdt, der eine weitere Nullrunde in vier Jahren befürchtet. Um den Freestyle-Sport "konsequent aufzubauen, brauchen wir sechs bis acht Jahre".
Zacher wird dann nicht mehr dabei sein. Ob sie Peking angeht, weiß sie derzeit ebenso wenig wie Eichinger. Bevor diese die Olympia-Bühne verließ, warb sie aber noch um Nachfolgerinnen. "Skicross", sagte Eichinger, "macht mega, mega Spaß, auch wenn es im Fernsehen immer so krass aussieht."
