Gleich nach dem Zieleinlauf geht es schnell. Schlitten vom Eis, ab in die Garage, Türen zu. Wo immer der Weltcup-Zirkus in den vergangenen Jahren Station machte, war die Arbeit an den deutschen Bobs Geheimsache. Schließlich sollte die Konkurrenz so wenig wie möglich erfahren - die Konkurrenz aus dem eigenen Lager.
Denn erstmals setzte der deutsche Verband BSD im Vorlauf dieser Winterspiele auf zwei Bob-Hersteller. Ein Kampf der Systeme also, um den internen Druck zu erhöhen und eine Pleite wie vor vier Jahren in Sotschi zu verhindern.
Dies habe durchaus Schwierigkeiten mit sich gebracht, sagt Bundestrainer Rene Spies, die Teams arbeiteten in getrennten Garagen, "wir waren im Weltcup wie mit zwei Nationen unterwegs". Doch es hat sich gelohnt. Das lässt sich nach zwei Goldmedaillen in den Zweier-Rennen schon vor dem Vierer-Wettbewerb am Wochenende sagen.
Das Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES), staatlich finanzierter deutscher Stammausrüster, hatte noch für die Spiele 2014 unterlegene Schlitten gebaut - ein Hauptgrund für das Debakel ohne eine Medaille.
"Das war für uns schon eine Triebkraft"
Also stellte der Verband seinen Piloten für viel Geld neue Zweierbobs von Wallner hin, Johannes Lochner und Francesco Friedrich schafften privat und über Sponsoren zudem auch Vierer an. Für die Jahre bis Pyeongchang wurde damit ein Wettrüsten ausgerufen. Die FES, immerhin mit mehr als 50 Jahren Erfahrung in bis zu zwölf Sportarten, nahm das zunächst etwas verschnupft zur Kenntnis.
"Aber wir wären ja keine Vollblutentwickler, wenn wir so einen Wettbewerb nicht annehmen würden", sagt FES-Direktor Harald Schaale: "Das war für uns schon eine Triebkraft. Und wenn wir internationale Konkurrenz nicht aushalten würden, hätten wir sowieso keine Daseinsberechtigung mehr."
Rund 650.000 Euro flossen seit 2014 in die Entwicklung der FES-Vierer, rund 400.000 Euro in die der Zweier. Noch im vergangenen Winter war Wallner der großen FES bei den Zweiern überlegen, doch es folgte ein weiterer Entwicklungssprung. Und die Goldmedaillen von Friedrich und Mariama Jamanka in Pyeongchang wurden nun in FES-Zweiern eingefahren. Lochner verpasste in seinem Wallner das Podest.
Für den Vierer hatte der Verband vor dem Olympia-Winter zudem die nächste Stufe gezündet. Der große FES-Bob war ohnehin stark, für den Wallner wurde die Hilfe von Technologiepartner BMW in Anspruch genommen. Denn der Österreicher, im Grunde ein Ein-Mann-Unternehmen, baut mit viel Erfahrung aber ohne High-Tech.
Maßanfertigung für Lochner und Wallner
Mit Hilfe des Windkanals, Computersimulationen und dem Know-How in der Herstellung von Carbonhüllen halfen also die BMW-Ingenieure bei der Fertigung eines völlig neuen Vierers, eines Wallner 2.0 sozusagen. Für Friedrich und Lochner seien "viele Ideen zur Verbesserung der Aerodynamik und der Sitzpositionen entwickelt und umgesetzt" worden, sagt Bundestrainer Spies.
Auf diese Weise wurden weitere Hundertstelsekunden "zusammengekratzt", wie Weltmeister Johannes Lochner sagt, "und jetzt habe ich die schnellste Kiste." Nico Walther sieht das etwas anders. Er geht im FES-Vierer an den Start. "Die Ressourcen unseres Instituts", sagt der WM-Dritte, "hat kein anderer Bobhersteller."
Gemeinsam haben Lochner und Walther in diesem Winter mit den verschiedenen Schlitten sieben von acht Weltcups gewonnen. Am Sonntag geht es nun um den wichtigsten Sieg im Kampf der Systeme. Die deutschen Bob-Piloten haben in jedem Fall profitiert.

