Selbstverordnete Quarantäne, freiwilliger Hausarrest: Eric Frenzel macht aus seinen Olympischen Spielen wahrlich keine Lustreise.
Aus Furcht davor, sich wie vor vier Jahren in Sotschi einen Infekt einzufangen, ging der kleine Kombinations-König quasi nur für das Training und seine Nahrungsaufnahme vor die Zimmertür. Mit Erfolg: Der Sachse meldet sich vor dem Griff nach seinem zweiten Pyeongchang-Gold topfit.
"Ich habe hier noch einiges vor, will das jetzt richtig durchziehen", sagte Frenzel, der nach seinem grandiosen Sieg von der Normalschanze nun dem Großschanzen-Showdown am Dienstag (19:00 und 21:45 Uhr OZ/11:00 und 13:45 Uhr MEZ) entgegenfiebert - diesmal fieberfrei: "Aus dem Fehler von 2014 habe ich gelernt."
Auch damals hatte er Gold im ersten Wettkampf geholt und hätte der Abräumer der Spiele am Schwarzen Meer werden können. Doch dann ging gar nichts mehr: Frenzel lag tagelang flach, gewann zwar noch das Springen von der Großschanze, wurde aber im Laufen auf "Wackelpudding-Beinen" bis Platz zehn durchgereicht.
"Eric ist mental unheimlich stark"
In Pyeongchang soll es nicht bei einem Gold bleiben. Deshalb wählte Frenzel eine strikte Marschroute, die neben den täglichen Notwendigkeiten und einer kurzen Stippvisite bei Ehefrau Laura und seinem ältesten Sohn Philipp keinerlei Rahmenprogramm erlaubte. Wie sein Musterschüler dies in der Pause von sechs Tagen zwischen den beiden Einzel-Wettkämpfen durchzog, ließ Bundestrainer Hermann Weinbuch staunen.
"Eric ist mental unheimlich stark. Wie er sich fokussiert und vor allem locker bleibt - er bleibt immer in seiner Mitte", sagte der Meistermacher: "Eric ist im Kopf so brutal stark, er ist da kein normaler Mensch." Frenzel winkte ab: "Grundsätzlich fühle ich mich noch ziemlich menschlich."
Die Jagd auf "E.F., den Außerirdischen" dürfte aber heiß werden. Sein japanischer Kumpel Akito Watabe, Zweiter von der Normalschanze, ist groß in Form, die am vergangenen Donnerstag unter Wert geschlagenen Norweger Jörgen Graabak und Jan Schmid werden mit dem Messer zwischen den Zähnen zur Sache gehen.
Frenzel: "Gold ist ansteckend"
Und auch aus dem eigenen Lager kommt mächtige Konkurrenz: Rekordweltmeister Johannes Rydzek, noch ohne olympische Einzelmedaille, und der Sotschi-Dritte Fabian Rießle wollen ihre letzte olympische Einzelchance für die nächsten vier Jahre unbedingt nutzen. "Alleine die Trainingssprünge auf der Großschanze machen Laune auf mehr", sagte Rydzek, Fünfter zum Auftakt. Gemeinsam mit Frenzel, Rießle und Vinzenz Geiger will er am Donnerstag dann auch in der Staffel um Gold kämpfen.
In den heißen 48-Kombinations-Stunden von Südkorea mit Einzel- und Teamentscheidung kann aber vor allem Frenzel Geschichte schreiben, der Rhythmus lautet Zwei-Drei-Vier: Zwei olympische Einzelsiege in einem Jahr hat bislang nur der Finne Sampa Lajunen 2002 in Salt Lake City gefeiert - damals standen erstmals zwei Solokonkurrenzen auf dem Programm. Drei Goldmedaillen bei denselben Spielen schaffte auch nur Lajunen. Vier Olympiasiege, die Frenzel nun winken, hat noch kein Kombinierer geschafft.
Für eine "Edelmetall-Infektion" würde dann auch Frenzel seine Quarantäne aufheben. Schon nach seinem ersten Pyeongchang-Sieg hatte er grinsend festgestellt: "Gold ist ansteckend."

