Letzte Chance "langer Kanten": Patrick Beckert und Moritz Geisreiter hoffen über 10.000 m im Eisschnelllauf auf die ersehnte Medaille. Auf der längsten Einzelstrecke stehen Qualen bevor.
Patrick Beckert weiß, was ihm bevorsteht. Der Weg zum Erfolg führt nur über den Schmerz. "Zuerst tun die Beine weh. Manchmal hat man vor dem Ende wegen der trockenen Luft auch Kopfschmerzen", sagte der deutsche Eisschnellläufer mit Blick auf das quälend lange 10.000-m-Rennen der Olympischen Winterspiele am Donnerstag: "Ich habe mich noch nie nach einem Lauf übergeben. Über die Kotzgrenze bin ich aber definitiv schon öfter gegangen."
Die Aussicht auf die "mit Abstand härteste Strecke" klingt wenig verlockend: Beckert wird 25 Runden in geduckter Haltung auf die Jagd nach schnellen und gleichmäßigen Rundenzeiten gehen. Den 27-Jährigen erwartet eine Tortur, der er sich nur aus einem einzigen Grund aussetzt.
Beckert will die ersehnte erste Olympia-Medaille gewinnen. "Die Chance ist da, leicht wird es definitiv nicht", sagte der Erfurter am Dienstag.
Enttäuschung abgehakt
Es wird sein zweiter und letzter Auftritt in Pyeongchang sein. Am Sonntag war er über 5000 m (6:17,91 Minuten) Zehnter geworden. Letztlich war das Ergebnis nicht das, was sich der ambitionierte Beckert erhofft hatte. "Es gab nichts zu verdauen", sagte er dennoch rückblickend: "Die 5000 haben nichts mit den 10.000 zu tun."
Für negative Emotionen ist vor dem bislang wohl wichtigsten Rennen seiner Karriere kein Raum. Beckert hat viel investiert für seine insgesamt dritten Winterspiele. Nach seinem nicht mal so schlechten Abschneiden in Sotschi mit Platz sechs hatte er alles auf den Prüfstand gestellt. Er brach mit den Gepflogenheiten, schloss sich zwischenzeitlich einem niederländischen Privatteam an und nahm dafür vorübergehend Sanktionen durch den deutschen Verband sowie finanzielle Einbußen in Kauf.
Der Erfolg gibt ihm recht. Zweimal holte er inzwischen WM-Bronze, zuletzt im Vorjahr auf der Olympiabahn in Gangneung über jene 10.000 m, die ihm nun wieder bevorstehen. Er hält die deutschen Rekorde auf seinen Strecken (6:07,02 Minuten über 5000 m/12:52,76 über 10.000 m), im Weltcup zählt er zu den festen Größen.
Mit dem perfekten Lauf zu Bronze?
"Ich bin um einiges besser als vor vier Jahren", sagte Beckert nicht zu unrecht: "Aber das gilt für alle. Es ist klar, dass es schwer wird mit dem Podium. Man muss hohes Tempo laufen, es halten und dann gucken, wer durchkommt."
Gold ist praktisch ausgeschlossen, auch Silber gilt als äußerst unwahrscheinlich. Die Dominanz von 5000-m-Olympiasieger Sven Kramer (Niederlande) und Weltrekordler Ted-Jan Bloemen (Kanada) ist zu groß. Doch Bronze kann ihm mit einem perfekten Lauf gelingen, auch wenn Sotschi-Sieger Jorrit Bergsma (Niederlande) eine bislang schwächere Saison mit Edelmetall vergessen machen will. "Sie gilt es zu schlagen", sagte Beckert.
Zurückmelden will sich auch der zweite deutsche Starter Moritz Geisreiter. Der Schützling von Chef-Bundestrainer Jan van Veen hatte als Zwölfter über 5000 m (6:18,34) sein Potenzial nicht aufs Eis gebracht. Eine neue Chance bietet sich Geisreiter am Donnerstag über 10.000 m. Die Qualen erwarten jedoch auch ihn.