Er ist der große Mann des Skeletonsports, doch Olympiasieger war Martins Dukurs noch nie. In der dramatischen Karriere des Letten ist Pyeongchang wohl die letzte Chance.
In Sotschi wurde das Drama um Martins Dukurs zur Kriminalgeschichte. Frust, Wut und Enttäuschung schwingen mit, wenn Lettlands Skeleton-Star heute über die Winterspiele 2014 spricht. "Wir wurden einfach beraubt", sagt Dukurs. Er ist einer der großen Verlierer des russischen Staatsdoping-Skandals.
Der Olympiasieg ging damals an den Russen Aleksandr Tretyakov, mittlerweile des Betrugs verdächtigt. Der große Mann des Skeletons blieb dagegen ohne die wichtigste Medaille der Sportwelt. Heute ist Dukurs 33 Jahre alt, Pyeongchang wird wohl sein letzter Schuss.
Um zu verstehen, was ab Donnerstag (10:00 Uhr Ortszeit/2:00 Uhr MEZ) auf dem Spiel steht für den Letten, muss man acht Jahre zurückblicken. Olympia in Vancouver, Dukurs kam als Shootingstar des Sports, doch er wurde knapp von Jon Montgomery geschlagen. Der Kanadier hatte seinen Heimvorteil genutzt, der wohl nirgends so entscheidend ist wie im Schlittensport.
"Superman" rast durch die Eisrinne
Anschließend startete Dukurs eine Erfolgs-Ära, die in seinem Sport ohne Vergleich ist. Mit fünf WM-Titeln ist er Rekordweltmeister, achtmal Sieger des Gesamtweltcups und neunmal Europameister. Schon bald wurde Dukurs "Superman" genannt, raste irgendwann sogar im rot-blauen Kostüm durch die Eisrinne.
Er hatte seinen Sport im heimischen Sigulda gelernt, Vater Dainis war dort jahrelang Bahnchef, dann Nationaltrainer. Sein Sohn wurde zum Skeleton-Profi, er konnte sein Leben der Eisbahn widmen. In dieser Nischensportart ist das ein Privileg, und Dukurs wurde der Beste. Es gab schlicht keinen wie ihn.
Doch 2014 in Sotschi sollte sich Geschichte wiederholen, ein Konkurrent nutzte seinen Heimvorteil und schnappte Dukurs die Goldmedaille weg. Dass Tretyakov heute als einer der Hauptverdächtigen im Dopingskandal genannt wird, bohrt den Stachel nur noch tiefer in Dukurs Sportlerseele.
Tretyakov hat den "olympischen Geist völlig zerstört"
"Natürlich schmerzt das", sagt er in der "ARD"-Doku "Geheimsache Doping". Gemeinsam mit Tretyakov habe er den Sport einst begonnen, heute kann er ihm nicht mehr trauen. "Ich bin seit 20 Jahren in diesem Sport, ruiniere meinen Körper, versuche, gute Ergebnisse zu erzielen", sagt Dukurs: "In meinen Augen haben sie die Leidenschaft für Olympia, den olympischen Geist völlig zerstört."
Eine nachträgliche Überschreibung der Goldmedaille auf den Letten wurde erst kürzlich durch den Internationalen Sportgerichtshof CAS verhindert. Für Dukurs machte das jedoch kaum noch einen Unterschied. Ohnehin sei ihm "das Gefühl geklaut" worden: "Wenn sowas nach Jahren kommt, wen interessiert das? Niemanden!"
Nur Olympia-Gold in Pyeongchang wäre wohl ein wirksames Schmerzmittel. Doch es deutet nicht viel auf ein Happy End hin, denn auch Südkorea hat neuerdings einen Weltklasse-Skeletoni. Yun Sung Bin ist Gesamtweltcupsieger. Und dürfte auf seiner Heimbahn kaum zu schlagen sein.

