Alles oder nichts - do or die! Für die deutsche Handball-Nationalmannschaft steht bei der Europameisterschaft in Kroatien vor dem letzten Hauptrundenspiel fest: Nur ein Sieg gegen den langjährigen Rivalen Spanien (ab 20:30 Uhr im sport.de-Liveticker) sichert dem DHB-Team das Überleben im Turnier.
Die spanische Auswahl wird mit enormer Motivation in die Partie gegen die deutsche Auswahl starten. Immerhin will die Formation von Coach Jordi Ribera endlich den ersten Europameistertitel einfahren. Außerdem wollen sich die Iberer für die schmachvolle 17:24-Niederlage revanchieren, die ihnen die Bad Boys ausgerechnet im letzten EM-Finale zugefügt haben.
Wer wird sich durchsetzen im Do-or-Die-Spiel der beiden Handball-Großmächte? Wer ist auf den einzelnen Positionen besser besetzt? Wo liegen die Schwächen bei den Teams? sport.de macht den Positionsvergleich.
Tor: Andreas Wolff / Silvio Heinevetter vs. Gonzalo Perez de Vargas / Rodrigo Corrales
Schlussmann Gonzalo Perez de Vargas ist die eindeutige Nummer eins bei den Spaniern und überzeugte im Turnierverlauf mit 34 Prozent gehaltener Bälle. Vor allem beim bockstarken 31:20-Erfolg gegen Mazedonien war er der überragende Mann mit 49 Prozent gehaltenen Bällen.
Das deutsche Duo Wolff und Heinevetter steht dem Barca-Keeper in nichts nach, kommt ebenfalls auf je 34 Prozent parierte Würfe. Beide haben Vorteile in Sachen Ausstrahlung und Erfahrung gegenüber den Spaniern. Der Kiel- und der Füchse-Keeper ergänzen sich prächtig. Ein Vorteil im Vergleich zum Gegner, bei dem Corrales die klare Nummer zwei ist.
sport.de-Urteil: Vorteil Deutschland
Linksaußen: Uwe Gensheimer vs. Valero Rivera
Ohne Frage ist Paris-Legionär Uwe Gensheimer in Normalform einer der besten Linksaußen der Welt. Das Problem: Unpassenderweise zur EM kommt der Kapitän nicht richtig in Tritt, hat unter anderem schon fünf Siebenmeter verballert und haderte sichtbar mit seiner eigenen Performance.
Auf der anderen Seite steht Valero Rivera, der von seiner Bestform ebenfalls entfernt ist. Er teilt sich die Position mit Barcelona-Teamkollege Aitor Arino, der zuletzt sogar einen besseren Eindruck hinterließ. Die DHB-Truppe ist nicht zuletzt seit der Nachnominierung von Back-Up Rune Dahmke jederzeit in der Lage, zweistellig von der Linksaußenposition zu treffen. In den ganz großen Spielen ist auf Gensheimer in der Regel eh Verlass.
sport.de-Urteil: Vorteil Deutschland
Rückraum links: Julius Kühn vs. Joan Canellas
Der Bundesliga-Toptorschütze stellte gegen Dänemark endlich seine Offensivqualitäten unter Beweis. Bisher spielt er insgesamt aber noch zu unkonstant, fand sich entsprechend häufig auf der Bank wieder. Wird wahlweise von Steffen Fäth oder Philipp Weber vertreten, die aber ebenfalls zu schwankend in ihren Leistungen sind.
Bei den Iberern führt am 31-jährigen Canellas noch kein Weg vorbei. Er überzeugt bisher mehr als Anspieler denn als Schütze, seine Trefferquote liegt nur bei 35 Prozent. Trifft dafür wenig falsche Entscheidungen im aufgebauten Spiel.
sport.de-Urteil: Unentschieden
Rückraum Mitte: Philipp Weber vs. Raúl Enterrios
Nach dem verletzungsbedingten Ausscheiden von Paul Drux wird voraussichtlich Philipp Weber den Vorzug erhalten. Bislang war Weber im deutschen Rückraum eher ein Unsicherheitsfaktor, leistete sich schon zehn Ballverluste und 13 Fahrkahrten. Wirkt aufgrund der fehlenden internationalen Erfahrung bisweilen überfordert.
Das Gegenteil verkörpert Raúl Enterrios. Der 36-Jährige hat fast alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt und spielt seit mehr als zehn Jahren auf Weltklasse-Niveau. Bringt die Erfahrung aus über 220 Länderspielen mit in die Partie.
sport.de-Urteil: Vorteil Spanien
Rückraum rechts: Steffen Weinhold vs. Eduardo Gurbindo
Der Kieler Linkshänder Weinhold übernimmt in wichtigen Phasen gerne Verantwortung und sucht die Entscheidung. An guten Tagen nicht zu bremsen, weiß ansonsten mit Kai Häfner einen starken Back-Up auf seiner Position.
Ähnlich gut besetzt sind die Spanier auf Halbrechts. Eduardo Gurbindo vom HBC Nantes hat sich iminternen Duell mit Alex Dujshebaev bisher durchgesetzt und absolviert im Schnitt fast 40 Minuten (gegenüber 23 Minuten von Dujshebaev). Gurbindo spielt einen gradlinigen Ball, kein Mann für die große Show. Das kann in großen Spielen ein wichtiger Faktor werden.
sport.de-Urteil: Unentschieden
Rechtsaußen: Patrick Groetzki vs. Ferran Solé
Der Mannheimer Groetzki agiert ebenso wie sein Positionskollege Tobias Reichmann auf allerhöchstem Niveau. Beide bringen Tempo, Treffsicherheit und viel Emotionalität mit, was sie in großen Spielen schon oft zu Matchwinnern gemacht hat.
Spaniens Ferran Solé erlebt als Nachfolger von Barca-Legende Víctor Tomás sein erstes großes Turnier als Stammspieler und wurde der großen Erwartungshaltung bislang nur teilweise gerecht. Steht zwar schon bei 19 Treffern, hat von aus der Ecke aber schon einiges verknallt. Als Konterspieler jedoch brandgefährlich.
sport.de-Urteil: Vorteil Deutschland
Kreisläufer: Patrick Wiencek vs. Adriá Figueras
Der spanische Kreisläufer von BM Grannollers ist bisher die positive Überraschung. Hat 18 seiner 19 Würfe verwandelt und den gestandenen Weltmeister und Champions-League-Gewinner Julen Aguinagalde ins zweite Glied verdrängt. Deutlich agiler und beweglicher als sein Konkurrent am Kreis.
Das deutsche Pendant Patrick Wiencek spielt ein solides Turnier, setzte aber noch nicht die entscheidenden Akzente wie Figueras. Bewegt sich mit Kollege Hendrik Pekeler aber ebenfalls auf höchstem Niveau.
sport.de-Urteil: Vorteil Spanien
Abwehrzentrale: Finn Lemke vs. Gedeon Guardiola
Zum dritten Spiel wurde Lemke nachnominiert und etablierte sich direkt als Abwehrchef in der deutschen Defensive. Die Gegner haben Respekt vor ihm, wenngleich es vor allem im Zusammenspiel mit Silvio Heinevetter noch Luft nach oben gibt.
Guardiola von den Rhein-Neckar Löwen gilt ohnehin als einer der besten Abwehrspieler der Welt. Extrem stark bei Blocks und gegen den Kreisläufer, die Gegner meiden das Eins-gegen-Eins mit ihm.
sport.de-Urteil: Vorteil Spanien
Das Fazit: Unser Ergebnis von 4:4 Punkten nach acht Vergleichen lässt es schon erahnen: Das Endspiel zwischen Deutschland und Spanien wird absolut tagesformabhängig. Gelingt es der Prokop-Truppe, im Hexenkessel von Varazdin die Nerven zu behalten, ist ein Sieg mit ein bis drei Toren realistisch. Ansonsten droht ein Fiasko. Spielen sich die temperamentvollen Iberer in einen Rausch, kann es ganz schnell ganz deutlich werden!











