Letzte Ausfahrt Moskau: Kniebeschwerden zwingen Eiskunstläufer Peter Liebers zur EM-Aufgabe - und damit in ein vorzeitiges Karriereende.
Ehefrau Denise starrte traurig ins Leere, Söhnchen Emil begriff mit seinen zwei Jahren noch gar nicht, was passiert war: Eine Entzündung der Patellasehne im rechten Knie zwang Peter Liebers am Mittwoch gleich zum Auftakt der Eiskunstlauf-Europameisterschaften in Moskau zum Startverzicht und damit ins vorzeitige Karriereende. "Keine leichte, aber die richtige Entscheidung", sagte Liebers.
Eigentlich wollte der sechsmalige deutsche Meister, bester deutscher Einzelläufer der vergangenen zehn Jahre, seine respektable Laufbahn mit zwei guten Auftritten im Megasport-Palast erfolgreich abschließen. Doch die Schmerzen im Gelenk waren trotz der Bemühungen von Mannschaftsarzt Sven Authorsen zu stark. Das Kurzprogramm zur Musik "Way down we go" mit einem dreifachen Axel als Höhepunkt wäre eine glatte Überforderung gewesen.
Javier Fernandet vor dem sechsten EM-Titel
Überfordern wollte sich auch Paul Fentz nicht, deshalb verzichtete der deutsche Meister und Trainingskollege von Liebers in der Kombination auf den vierfachen Toe-Loop. "Er funktionierte zuletzt im Training und auch beim Warmmachen nicht gut, deshalb habe ich ihn wegggelassen", sagte der Berliner, der nach einer fehlerfreien Kurzkür mit 72,54 Punkten als Elfter in die Kürentscheidung am Freitag geht.
Dort müsste der Spanier Javier Fernandez schon einen ganz schwachen Tag erwischen, um den sechsten EM-Titel zu verpassen. Der Ex-Weltmeister kam in der Rolle des Charlie Chaplin auf seinen Saisonbestwert von 103,82 Punkten. Deutlich zurück folgen der Russe Dimitri Alyev (91,33) und Deniss Vasiljevs aus Lettland (85,11) auf den Plätzen zwei und drei.
Liebers Sprung in die Weltklasse
Nach der ersten Enttäuschung gelangte Liebers zu einer versöhnlichen Sicht auf sein bewegtes und alles andere als leichte Kufenleben. "In den letzten zwölf Jahren hatte ich neun größere Verletzungen. Das hat mich schon immer sehr zurückgeworfen", rechnete der 29-Jährige vor. Sein Körper habe, so Liebers weiter, "schon so einiges mitgemacht."
Aber als er einmal wirklich perfekt funktionierte, gelang dem Familienvater sofort der Sprung in die Weltklasse. Bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi lief Liebers das sechstbeste Kurzprogramm, am Ende wurde er Achter. Mit Punktzahlen, die er nie wieder erreichte.
Seine fast chronischen Blessuren hatten auch zur Folge, dass der Traum von einem zweiten Olympiastart im Februar im südkoreanischen Pyeongchang schon kurz vor Weihnachten platzte. Liebers verlor bei den deutschen Meisterschaften in Frankfurt/Main das direkte Duell gegen seinen Berliner Trainingskollegen Paul Fentz deutlich und wird Olympia nur als TV-Zuschauer erleben: "Mal gucken, wie es dann wird."
Bleibt Liebers dem Sport treu?
Gattin Denise, ehemalige deutsche Vize-Meisterin im Eiskunstlauf, glaubt jedenfalls, dass ihr Mann nicht lange die Füße stillhalten kann: "Er wird auf jeden Fall noch aufs Eis gehen, wenn auch weniger." Auch weil Klein-Emil es liebt, in Papas Armen die eine oder andere Runde auf der Eisbahn zu drehen.
Seinem Sport dürfte Liebers erhalten bleiben, möglicherweise auf der Funktionärsebene, wie am Rande der Bande schon seit Wochen getuschelt wird. Denn der langjährige Sportdirektor der Deutschen Eislauf-Union (DEU), Udo Dönsdorf, wurde bereits im November vergangenen Jahres 65 Jahre alt.

