Nach ihrem späten Start in die Saison führt Nicole Fessel die starken deutschen Frauen bei der Tour de Ski an. Für ihr Heimspiel in Oberstdorf ist sie besonders motiviert.
Nicole Fessel wusste gar nicht, wohin mit ihrer Freude. Gleich zwei Küsschen drückte Deutschlands beste Langläuferin ihrer Freundin Steffi Böhler auf. Die hatte gerade nämlich ihr Olympia-Ticket gelöst - etwas, das Fessel längst gelungen ist. Fessel jubelt aus anderen Gründen. Natürlich, die Mannschaftserfolge bei der Tour de Ski zaubern der 34-Jährigen immer ein Lächeln auf das Gesicht, aber auch ihre persönliche Geschichte ist eine Erfolgsstory.
Nach Krankheit, Trainingsrückstand und spätem Saisonstart führt Fessel die deutschen Frauen bei der Tour mit Bravour an. "Aufgrund ihrer Trainingsdefizite hat sie natürlich etwas gebraucht, aber sie ist überraschend gut in diesen Weltcup-Winter nach dieser Ausfallphase eingestiegen", sagte Andreas Schlütter, sportlicher Leiter beim Deutschen Skiverband.
Zweifel wie weggewischt
Mit zweiwöchiger Verspätung infolge langwieriger gesundheitlicher Probleme war Fessel in die Saison gestartet. Beim Weltcup in Davos/Schweiz Anfang Dezember hatte sie noch Anlaufzeit gebraucht, eine Woche später im italienischen Toblach lief sie dann gleich die nötige Norm für die Olympischen Spiele in Pyeongchang. Und sorgte erst einmal für Verwirrung.
Die beiden geforderten Platzierungen unter den besten 15 hat sie nach DSV-Lesart in ein und demselben Rennen erzielt: Bei ihrem 14. Rang im Verfolger von Toblach hatte sie die elftschnellste reine Laufzeit. Nach intensiven Trainingstagen über Weihnachten wischte sie etwaige Zweifel nun bei der Tour weg.
Mit Platz sechs im klassischen Einzel und Rang acht in der Verfolgung im Schweizer Lenzerheide überzeugte die stärkste deutsche Distanzläuferin auf ganzer Linie und untermauerte ihre Olympia-Ambitionen. "Es macht wahnsinnig Spaß, so zu laufen und ich bin glücklich, dass die Norm jetzt komplett fix ist und es keine Diskussionen mehr gibt", hatte Fessel nach dem Einzel im "ZDF" gesagt.
Pyeongchang überstrahlt alles
Auch in der für den DSV zweitrangigen Tour-Gesamtwertung ist sie derzeit die beste Deutsche mit Rang acht und 2:15,3 Minuten Rückstand auf die führende Norwegerin Ingvild Flugstad Östberg. Und der nächste besondere Tour-Moment steht für Fessel kurz bevor. Nach einem Ruhetag macht der Langlauf-Zirkus in ihrer Heimat Oberstdorf Halt. Na klar, im Klassik-Sprint am Mittwoch wird nicht viel zu holen sein. Da wollen eher Hanna Kolb und Victoria Carl die zweite Hälfte ihrer Norm erfüllen.
Doch am Donnerstag, im Massenstart über 10 km Freistil, da kann sie vor heimischem Publikum noch einmal auftrumpfen. Bevor sie dann die Tour vorzeitig beendet. "Bei Nicole ist das eine Vorsichtsmaßnahme", sagte Schlütter. Olympia nähert sich mit großen Schritten. Auch Top-Sprinterin Sandra Ringwald wird nach Oberstdorf aussteigen. Pyeongchang ist eben alles, und das wissen auch alle. "Wir sind nicht weit weg und wie gesagt: Unser Ziel ist im Februar und da werden wir dann sehen, wo wir genau stehen", sagte Fessel.
