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Nach positiver Probe: Was geschah im Stall?

Julia Krajewski auf Samourai du Thot
Julia Krajewski auf Samourai du Thot
Foto: © getty, Martin Rose
09. November 2017, 14:05

Die positive Medikationskontrolle bei Julia Krajewskis EM-Pferd Samourai du Thot gibt viele Rätsel auf. Die Reiterin schließt Fremdeinwirkung nicht mehr aus.

Ratlosigkeit und Bestürzung herrschen im deutschen Reiterlager nach dem positiven Medikationstest beim EM-Pferd Samourai du Thot. Reiterin Julia Krajewski weist alle Vorwürfe einer bewussten Manipulation von sich. Keiner weiß, wie die verbotene Substanz in den Körper des Pferdes kam. Alle fragen sich: Was geschah im Stall?

"Im ersten Moment ist so eine Nachricht ein absoluter Schock", sagte Krajewski am Donnerstag und beteuerte: "Weder ich noch jemand aus meinem Umfeld haben die Medikation verabreicht. Dieses Medikament kam bei uns nicht vor, deshalb kann auch eine Verwechslung nicht vorliegen."

Der Weltverband FEI und auch die NADA hatten "Sam" rund um die Vielseitigkeits-EM in Strzegom/Polen im August positiv auf die im Wettkampf verbotene Substanz Firocoxib getestet. Sollte die B-Probe das Ergebnis bestätigen, droht der deutschen EM-Équipe der Verlust der Silbermedaille.

Fremdeinwirkung nicht mehr ausgeschlossen

Krajewski hat nach Bekanntgabe der B-Probe 21 Tage Zeit, eine administrative Strafe anzunehmen oder vor das FEI-Tribunal zu ziehen. "Das macht aber nur Sinn, wenn ich mich entlasten kann. Zurzeit kann ich es nicht, weil ich keine Erklärung habe", sagte die 29-Jährige Warendorferin, 18. bei der EM im Einzel.

Bei Firocoxib handelt es sich um einen Schmerz- und Entzündungshemmer, der eine "Controlled Medication Substance" darstellt, aber kein Doping. Die Substanz ist zu therapeutischen Zwecken nur im Training erlaubt. Sie kommt laut Reiterin in zwei Medikamenten vor - in Equioxx für Pferde und in Previcox für Hunde.

Krajewski schließt auch eine Fremdeinwirkung nicht mehr aus. Wie sie ermittelte, muss ihr Pferd in Strzegom die Substanz zwischen der Dressur und dem Geländeritt erhalten haben, da eine relativ große Menge nachgewiesen wurde. Bei der Recherche ist Krajewski allein auf medizinische Daten angewiesen, weil "es leider in Strzegom, wie auf anderen Championaten durchaus üblich, keine Videoüberwachung der Boxen gab."

Negativ-Beispiele aus der Vergangenheit

Es wäre nicht zum ersten Mal, dass die Pferde ohne Zutun ihrer Reiter oder Tierärzte in Berührung mit verbotenen Substanzen kommen. Springreiter Maurice Tebbel fand 2016 beim Weltcup in Lyon eine Paste mit einem verbotenen Schmerzstiller im Tränkeeimer seines Pferdes Chacco Son. Aus Angst, sein Pferd könne das Mittel eingenommen haben, verzichtete Tebbel auf einen Start und reiste ab.

Auch eine Einnahme der Substanz über das Hundemittel Previcox hält Krajewski für möglich. Previcox weist eine vierfach höhere Dosierung von Firocoxib auf, das würde die großen Mengen im Körper des Pferdes erklären. "Vielleicht lag irgendwo eine Kautablette herum", spekuliert Krajewski.

Lauterbach: "Hatten jahrelang Ruhe"

Die Deutsche Reiterliche Vereinigung FN ist geschockt. "Nach jetzigem Stand kann man niemandem einen Vorwurf machen. Bestätigt die B-Probe das Ergebnis, haben wir einen Fall. Das ist ganz großer Mist und besonders bedauerlich für die anderen Reiter, die vielleicht ihre Medaille abgeben müssen", sagte FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach. Zum deutschen Team gehörten noch Einzelsiegerin Ingrid Klimke, Michael Jung und Bettina Hoy.

Seit dem Doping-Debakel von Olympia 2008 in Hongkong, unter dem das Ansehen des deutschen Reitsports enorm gelitten hatte, bemüht sich die FN um ein sauberes Image, hat etliche Maßnahmen ergriffen. "Insofern glaube ich nicht, dass wir jetzt gescheitert sind", meinte Lauterbach: "Wir hatten jahrelang Ruhe und müssen uns jetzt neu hinterfragen, gibt es irgendwo Schwächen im System, die wir beseitigen müssen."

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