"Das kommt sicherlich für alle Beteiligten etwas überraschend", gibt Abwehrchef Sven-Sören Christophersen von der TSV Hannover Burgdorf exklusiv gegenüber sport.de mit Blick auf die aktuelle Tabellensituation in der Bundesliga zu. An der Spitze steht nämlich nicht Rekordmeister THW Kiel, der Titelverteidiger aus Mannheim oder die SG Flensburg-Handewitt, sondern die Recken aus Hannover - und das mit 10:0 Punkten.
Wer nun allerdings denkt, die Landeshauptstädter haben lediglich Siege gegen vermeintlich schwächere Gegner eingefahren, hat sich getäuscht. Sowohl gegen die stark favorisierten Teams aus Kiel und Flensburg als auch gegen den Geheimfavoriten SC Magdeburg setzen sich die Hannoveraner durch.
Wie sich so eine Siegesserie anfühlt, dürfte für viele der TSV-Spieler in Vergessenheit geraten sein. In der vergangenen Saison gewannen die Recken im Kalenderjahr 2017 kein einziges Spiel. Das sind 16 sieglose Spiele in Folge.
"Da kommen viele kleinere Punkte zusammen, die in der Summe ein großes Ganzes ergeben", erklärt Christophersen die Leistungssteigerung: "Die Sommerpause hat jedem gut getan. Zudem haben das neue Trainerduo um Carlos Ortega und Iker Romero und die drei Neuzugänge frischen Wind in das Team gebracht."
Neues Trainerduo sorgt für Veränderung
Seit Juni diesen Jahres stehen mit Carlos Ortega und Iker Romero zwei erfahrene Handballer am Spielfeldrand der Recken. Ortega gewann als aktiver Spieler sechs Mal mit dem FC Barcelona die Champions League. Romero wurde mit Spanien Weltmeister und war zuletzt bei den Füchsen Berlin aktiv.
Das neu zusammengestellte Trainerduo funktioniert offenkundig. Ortega und Romero haben die notwendigen und richtigen Veränderungen im Team rund um Kapitän Kai Häfner vollzogen. "Carlos und Iker sind natürlich hauptverantwortlich für den Umbruch. Sie bringen viele Ideen mit ein und haben eine klare Vorstellung davon, wie wir Handball spielen wollen", schildert Christophersen die Philosophie seiner Coaches.
Spiel über den Kreis als Geheimwaffe
Besonders viel wert legen Ortega und Romero auf das Zusammenspiel mit dem Kreisläufer. Mit dem kroatischen Nationalspieler Ilija Brozović vom THW Kiel und dem 15-fachen deutschen Nationalspieler Evgeni Pevnov vom VfL Gummersbach konnten die Recken zwei extrem starke und bullige Spieler für den Kreis verpflichten.
"Dafür sind Ilija und Evgeni nicht nur aufgrund ihrer Statur prädestiniert. Beide machen bislang einen hervorragenden Job", lobt der Abwehrchef die beiden Neuzugänge. Fünfzehn Treffer von Brozović und zehn Tore von Pevnov in fünf Spielen sprechen für sich.
Mit Aufbauspieler Pavel Atman haben die Recken noch ein weiteres Ass im Ärmel. Der Neuzugang aus Russland kann aufgrund einer Verletzung erst seit kurzem mit der Mannschaft trainieren. Trotz der wenigen gemeinsamen Einheiten ist sich Christophersen sicher: "Er hat schon gezeigt, dass er eine absolute Verstärkung für uns ist."
Smöre: Abwehrchef? "Ein ganz anderes Aufgabengebiet"
In die Rolle des Regisseurs schlüpft auch Sven-Sören Christophersen - allerdings in der Defensive. "Das ist für mich im Herbst meiner Karriere nochmal ein ganz anderes Aufgabengebiet, denn den Großteil meiner Laufbahn war ich ja eher für's Torewerfen bekannt ", so der ehemalige Nationalspieler, der in 101 Länderspielen 182 Tore warf.
Der 32-Jährige fühlt sich seiner neuen Aufgabe als Abwehrchef aber mehr und mehr gewachsen. "Es macht mir immer mehr Spaß", erzählt Christophersen und betonte: "Eine gute Defensive ist immer die Basis für den Erfolg."
Viele Optionen für die Zukunft
Im Februar 2017 hat "Smöre" seinen Vertrag in Hannover bis 2019 verlängert. Natürlich macht sich der dann 34-Jährige Gedanken über seine Zukunft: "Ob 2019 Schluss mit dem Handballspielen ist, oder ich noch ein Jahr dranhänge, wird man sehen."
Einen Plan B und C hat der Abwehrspezialist aber schon in der Tasche. Zuletzt war Christophersen als TV-Experte bei Länderspielen des DHB im Einsatz. Außerdem studiert der gelernte Bankkaufmann neben seiner Handballkarriere BWL.
Christophersen bleibt bescheiden
Doch im Moment liegt der Fokus auf Handball. Schließlich will Hannover seine Siegesserie fortsetzen. Der nächste Streich soll am Sonntag (Liveticker ab 12:30 Uhr) bei DHfK Leipzig folgen.
Trotz der Tabellenführung bleibt Christophersen auf dem Boden der Tatsachen und bleibt dem am Anfang der Saison gesetzten Ziel treu: "Wir wollen uns mittelfristig unter den besten zehn Mannschaften der stärksten Liga der Welt etablieren. Das wird schwer genug, denn dieses Ziel verfolgen viele Teams."
Doch sollten die Recken weiterhin so spektakulären Handball spielen, dürfte der Blick auf die Tabelle nicht mehr für allzu große Überraschung bei Sven-Sören Christophersen sorgen.
Lissy Beckonert



























