Nach zwei Jahren ohne Meisterschale steht Branchenprimus THW Kiel in der neuen Saison unter Zugzwang. Beim Supercup ging der erste Angriff auf die Rhein-Neckar Löwen hauchdünn daneben.
Der Ärger über die missglückte Löwenjagd war auch am Tag danach noch nicht verraucht. Mit einer maximal unglücklichen Supercup-Niederlage gegen die Rhein-Neckar Löwen im Gepäck kletterten die Stars des THW Kiel am Freitagmorgen mit versteinerten Mienen in den Flieger gen Heimat. Wieder kein Titel, wieder nur Blech: Der Druck auf den Branchenprimus ist unmittelbar vor dem Ligastart groß.
"Natürlich sind wir enttäuscht", sagte Alfred Gislason zur 30:32-Pleite nach Siebenmeterwerfen, "aber ich bin stolz auf meine Mannschaft". Und auch Europameister Rune Dahmke meinte beschwichtigend: "Wir hassen es zu verlieren, aber die Partie ist für uns trotzdem ein Schritt nach vorne."
Die Kieler hatten den Löwen tatsächlich einen leidenschaftlichen Kampf geliefert und keinen Zweifel an ihren Ambitionen gelassen, auf den deutschen Handball-Thron zurückzukehren. Doch am Ende schlug der erste Angriff auf den Meister der letzten zwei Jahre trotz eines couragierten Auftritts fehl. Zwei Sekunden fehlten den Zebras zum ersehnten Erfolg beim prestigeträchtigen Saison-Auftakt, nach dem späten Ausgleich versagten im finalen Shootout die Nerven.
"In diesem Jahr muss mehr kommen"
Zweite oder gar dritte Plätze, wie in den zurückliegenden beiden Spielzeiten, sind nicht der Anspruch des FC Bayern des deutschen Handballs. Angesichts des ligaweit höchsten Etats (9,5 Millionen Euro) und des in der Breite mit Abstand stärksten Kaders drängt die Kieler Vereinsführung ziemlich unverhohlen auf mehr Titel als "nur" den Pokalsieg. "In diesem Jahr muss mehr kommen. Dafür tritt der THW Kiel an", stellte Geschäftsführer Thorsten Storm kürzlich in der "Handballwoche" klar und erhöhte damit noch mal den Druck auf sein hochbezahltes Personal.
Die Mannschaft ist sich ihrer Verantwortung bewusst. Die große Erwartungshaltung sei für das Team, das sein erstes Ligaspiel erst am kommenden Mittwoch bestreitet, kein Problem, versichert Dahmke: "Wenn du beim THW spielst, machst du dir den Druck selbst, dass du jeden Titel gewinnen willst." Entscheidend wird sein, wie Kiel der Saisonstart ohne seine verletzten Stammkräfte Domagoj Duvnjak und René Toft Hansen gelingt.
Mut macht der starke Auftritt des quirligen Neuzugangs Miha Zarabec, der sieben Treffer von der Spielmacher-Position erzielte. Und auch der wuchtige Lukas Nilsson (6 Tore) deutete an, dass er zu einem entscheidenden Trumpf bei der Mission Meisterschaft werden könnte. "Natürlich wollen wir die Schale nach zwei Jahren wieder nach Kiel holen. Die Erwartungshaltung ist riesig", sagte Kreisläufer Patrick Wiencek: "Aber wir haben eine Mannschaft, mit der wir viel erreichen können."
Löwen wollen den Hattrick
Deutlich entspannter können die Löwen, die am Sonntag mit einem Auswärtsspiel beim TBV Lemgo in die Saison starten, ihr Unternehmen Meister-Hattrick angehen. Bissig, deckungsstark und vorne ziemlich abgezockt: Auch ohne Rückraumspieler Kim Ekdahl Du Rietz, der seine Handballschuhe im Sommer im Alter von 27 Jahren freiwillig an den Nagel hängte, zeigte das Team von Trainer Nikolaj Jacobsen eindrucksvoll, dass der Titel auch in diesem Jahr nur über sie geht.
Selbst von Rückständen in erster und zweiter Halbzeit ließen sich Andy Schmid und Co. nicht aus dem Konzept bringen und behielten in einer dramatischen Schlussphase kühlen Kopf.
"Der Supercup-Titel gibt uns Selbstvertrauen und gute Laune", sagte Jacobsen mit einem breiten Grinsen auf der Pressekonferenz. Kurz darauf nahm er Gislason in den Arm und streichelte ihm fast zärtlich über die Wange. Doch Gislason tröstete das nicht.

























