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Speerwurf-Wahnsinn in Berlin

104,80 Meter! Uwe Hohns legendärer Rekordwurf vor 41 Jahren

Uwe Hohn posiert vor der Anzeigetafel, die seinen legendären Weltrekord dokumentierte
Uwe Hohn posiert vor der Anzeigetafel, die seinen legendären Weltrekord dokumentierte
Foto: © imago sportfotodienst
20. Juli 2025, 11:24

In den letzten Jahren stießen gleich mehrere deutsche Speerwerfer in die Weltklasse vor. Johannes Vetter wurde 2017 Weltmeister, Thomas Röhler im Jahr zuvor sogar Olympiasieger. Auch Andreas Hofmann warf schon über 92 Meter weit, Julian Weber immerhin 89 Meter. Eine Marke, über die ein gewisser Uwe Hohn seiner Zeit nur müde gelächelt hätte.

Am 20. Juli 1984 beförderte DDR-Speerwurfikone Uwe Hohn sein Wurfgerät auf unfassbare 104,80 Meter und schrieb damit Sportgeschichte. Rund 21.000 Zuschauer im Berliner Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark trauten ihren Augen nicht.

Der gerade 22 Jahre alt gewordene Uwe Hohn war der erste Speerwerfer überhaupt in der Geschichte, dem es gelang, die 800 Gramm schwere Lanze über die Schallmauer von 100 Meter zu befördern. 

Die Bilder Hohns vor der Anzeigetafel im Sportpark, welche lediglich 04,80 Meter anzeigte, weil sie für dreistellige Weiten schlichtweg nicht ausgelegt war, gingen um die Welt.

Hohn selbst merkte unmittelbar nach seinem Wurf für die Ewigkeit im Rahmen des "Olympischen Tages" in Ost-Berlin sofort, was er geschafft hatte. Noch während sich der Speer in der Luft befand und gefährlich nah in Richtung Hochsprunganlage segelte, riss der 1,98-Meter-Hüne beide Arme hoch.

Hohn: "Nach hinten schön lang gemacht"

Die Gewissheit über einen fabelhaften Speerwurf erklärte der Athlet des ASK Vorwärts Potsdam einmal selbst: "Wenn du am Himmel nach dem Abwurf den Speer nur als Punkt siehst, ist es ein super Wurf." Genau dieser Punkt war es, den der Europameister von 1982 am Berliner Abendhimmel erblickte. Über seinen Wunderwurf meinte Hohn damals in knappen Worten: "Ist schon eine schöne Weite. Zuerst frontal gegen den Wind, das gab ihm Höhe und dann hat er sich hinten schön lang gemacht."

Der 104,80-Meter-Wurf vor 33 Jahren sollte den Höhepunkt einer kompromisslosen Jagd nach immer weiteren Speerwürfen markieren. Bereits wenige Wochen nach Hohns Weltrekord trat der internationale Leichtathletikverband IAAF zusammen und brachte eine einschneidende Regeländerung auf den Weg.

Ab dem 1. April 1986 wurden nur noch Wurfspeere mit einem veränderten Schwerpunkt für offizielle Wettkämpfe zugelassen. Damit sollte vor allem die Sicherheit der Zuschauer und übrigen Leichtathleten garantiert werden, denen die Speere in den Achtzigerjahren immer näher kamen. Weiten über 100 Meter hat es seit dem nie mehr gegeben. Und auch der "neue" Weltrekord mit dem angepassten Wurfgerät ist schon wieder 21 Jahre alt. 

Trotz Weltrekord: Nie Weltmeister, nie Olympiasieger

Sportlich weitergebracht hat Uwe Hohn sein Meisterstück vom 20. Juli 1984 übrigens nicht sonderlich. Klar, beim Olympischen Tag in Berlin sicherte er sich hochüberlegen den Sieg. Bei den Olympischen Spielen von Los Angeles, die nur zwei Wochen später starteten, war der Weltrekordhalter aber nicht dabei. Wie die meisten anderen sozialistischen Staaten auch boykottierte die DDR die Spiele von LA. Als Revanche für Olympia 1980 in Moskau, bei dem damals die USA durch Abwesenheit glänzten.

Die fast schon sichere Olympische Goldmedaille blieb Uwe Hohn trotz der Form seines Lebens somit verwehrt. Es triumphierte in Los Angeles übrigens der Finne Arto Härkönen. Randnotiz: Er warf dabei 18 Meter kürzer als DDR-Star Hohn bei seinem weitesten Wurf aller Zeiten. 

Für Hohn, der wie fast alle großen Ost-Leichtathleten seiner Zeit Teil des staatlich organisierten Dopingprogramms der DDR-Führung war, bedeutete das Jahr 1984 bereits den frühen Höhepunkt seiner Sportlerkarriere. Schon drei Jahre später, ohne einen weiteren großen internationalen Titel gesammelt zu haben, musste der gebürtige Neuruppiner seine Laufbahn im Alter von nur 25 Jahren nach anhaltenden Rückenproblemen beenden.

Der vielleicht auf ewig weiteste Wurf der Speergeschichte ist längst zum Mythos geworden. Uwe Hohn, der sich komplett aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hat, ist es selbst irgendwie auch.

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