Es war ein Untergang mit Ansage: Der sechsmalige deutsche Meister HC Leipzig hat Insolvenz angemeldet und steigt von der ersten in die dritte Liga ab.
Im sportlichen Niemandsland muss das Urgestein des deutschen Frauenhandballs nach jahrelanger Misswirtschaft und personellen Fehlplanungen einen beschwerlichen Neuanfang starten. "Nur wenige Vereine haben es vorgemacht, wie man von dort zurückkommt", sagte HCL-Trainer Norman Rentsch im MDR: "Mit welchem Hochmut Vereinsführung und Management in diese Situation reingegangen sind, das war absolut grenzwertig."
Die Misere des HC Leipzig, darin sind sich nahezu alle Experten einig, trägt den Namen Kay-Sven Hähner. Jahr für Jahr holte der Manager die prominentesten Spielerinnen in die Messestadt, zwischenzeitlich trug mehr als die Hälfte der deutschen Nationalmannschaft für weit überdurchschnittliche Gehälter die gelb-blauen Leipziger Farben. Sponsorenverträge schloss Hähner nicht selten per Handschlag - und musste dann feststellen, dass dringend benötigte Zahlungen ausblieben. Fehler habe er gemacht, räumte Hähner Mitte Mai ein, zu dem Zeitpunkt hatten die Spielerinnen bereits seit Monaten kein Geld mehr gesehen.
Manager Hähner ist abgetaucht
Zur aktuellen Misere hat sich Hähner bislang nicht geäußert, der sonst so wortgewandte Manager ist abgetaucht. Per Whats App hatte er am Samstagmorgen den Vorstand des HCL darüber informiert, dass die zum wirtschaftlichen Überleben und zum Erhalt der Bundesliga-Lizenz nötigen 600.000 Euro mit Ablauf der Frist nicht eingegangen waren. Auf eine Anfrage der Handball Bundesliga Frauen (HBF) antwortete er per Mail.
Der schleichende Niedergang des einst so ruhmreichen HC Leipzig hatte bereits vor Jahren begonnen. 2010 kamen im Schnitt noch 2700 Zuschauer zu den Spielen in die riesige Leipziger Arena, zuletzt waren es gerade mal 1000 - kalkuliert hatte Hähner mit 2200. Die Teilnahme des HCL an der kostenintensiven Champions League erwies sich als Bumerang, das Geld für die aufwendigen Reisen holte der HCL nicht mehr rein.
Aussichtsloser Kampf
In den vergangenen Monaten führte der HC Leipzig einen gleichermaßen verzweifelten wie aussichtslosen Kampf gegen das finanzielle Desaster. Im Februar 2017 verließ von einem Tag auf den anderen Nationaltorhüterin Katja Kramarczyk, über viele Jahre untrennbar mit dem HCL verbunden, den Verein in Richtung Leverkusen - für viele ein sicheres Indiz für den drohenden Untergang des einst so stolzen Klubs.
Am 19. Mai erhielt der siebenmalige DHB-Pokalsieger die Lizenz für die erste Liga nur unter einer aufschiebenden Bedingung. Im Vordergrund stand die vollständige Erfüllung des notwendigen Sanierungskonzeptes bis zum 31. Mai. "Da dies innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgewiesen werden konnte, sind die Voraussetzungen für eine Lizenzerteilung und die Teilnahme am Spielbetrieb für die Bundesligen in der Saison 2017/18 nicht erfüllt", teilte die HBF am 1. Juni mit.
Viel Vertrauen zerstört
Ein eigens einberufenes Schiedsgericht verurteilte die HBF am 7. Juli dann aber überraschend zur Lizenzerteilung - allerdings unter der Bedingung, dass der mit 1,3 Millionen Euro verschuldete HC Leipzig bis zum 14. Juli eine Eigenkapitalerhöhung von 600.000 Euro auf dem Konto nachweisen sollte. Das ist nicht gelungen. "Das Geld ist nicht drauf", schrieb Hähner in einer SMS an den MDR.
Trainer Rentsch wird dem Verein zunächst erhalten bleiben, das bestätigte der 37-Jährige im Gespräch mit dem MDR. "Ich habe meine Bereitschaft erklärt, die ersten Schritte auf dem neuen Weg mit einzuleiten", sagte Rentsch, der seine Gefühlslage nur schwer in Worte fassen konnte: "Das ist mit den Begriffen Wut und Ärger kaum zu beschreiben. Wir haben Vertrauen in die gesamte Führung gehabt - und sind jetzt den Berg hinuntergestoßen worden."

























