Zwei Top-Fahrer, die sich keinen Millimeter Asphalt schenken, ein Strategiecoup aus der letzten Reihe und eine rührende Szene aus der Boxengasse: Der Große Preis von Spanien bot beste Motorsport-Unterhaltung. Wer hat besonders geglänzt, wer hat unter der Sonne Iberiens besonders gelitten? sport.de kürt die drei größten Gewinner und Verlierer des Wochenendes.
Die Gewinner des Wochenendes:
1. Ferrari. Neben dem Duell zwischen Lewis Hamilton und Sebastian Vettel war es die Szene des Wochenendes: Nachdem Kimi Räikkönen sein Rennen schon in der ersten Runde beenden musste, brach ein kleiner Kimi-Fan auf der Tribüne in Tränen aus.
Als der junge Mann auch Runden später noch unter dem Ausfall seines Helden litt, zeigte die Scuderia, wie Fan-Nähe in der Formel 1 aussehen kann. Die Italiener organisierten kurzerhand ein Treffen zwischen Räikkönen und dem bitter enttäuschten Fan und sorgten noch während des Rennens dafür, dass aus den Tränen in sekundenschnelle ein breites Lächeln wurde.
2. Pascal Wehrlein. Nach dem ersten Rennen der Saison stellte so mancher Experte die Frage, ob Sauber mit Wehrlein-Ersatz Antonio Giovinazzi nicht besser dran wäre. Spätestens nach dem Wochenende in Barcelona ist diese Frage hinfällig. Der 22-Jährige fuhr dank eines Strategiecoups die beste Platzierung seiner Karriere ein. Und das mit einem Auto, das im Normalfall in der allerletzten Reihe zu finden ist.
Schon das Qualifying lief mit Platz 15 überraschend gut. Im Rennen riskierte der Schweizer Rennstall dann viel, setzte als einziges Team auf eine Ein-Stopp-Strategie. Das Virtuelle Safety-Car in Runde 34 nutzte Sauber zum Reifenwechsel - ein glücklicher und perfekter Zeitpunkt.
Zwar kassierte Wehrlein bei der Boxen-Einfahrt eine Fünf-Sekunden-Strafe, doch mit einer konzentrierten Leistung und Qualifying-Runden en masse machte er auf der Strecke die nötigen Sekunden auf Kevin Magnussen und Daniil Kvyat gut. Gleichzeitig schonte er seine Reifen und brachte am Ende einen nicht für möglich gehaltenen siebten Platz ins Ziel. Die Strafversetzung auf Rang acht ist nur ein kleiner Makel einer ansonsten fehlerfreien Leistung.
3. Die "Alphatiere". Die Frage nach der Nummer eins in den Teams ist keine mehr. Lewis Hamilton führt im Duell mit Valtteri Bottas 4:1, Sebastian Vettel gegen Kimi Räikkönen gar mit 5:0. Auch Sergio Pérez (5:0), Nico Hülkenberg (5:0), Felipe Massa (5:0) und Carlos Sainz (4:1) haben die Nase im direkten Duell gegen den eigenen Teamkollegen überdeutlich vorn.
Auch in Barcelona setzten die Nummer-Eins-Fahrer ihre Duftmarke und kamen allesamt vor ihren Stallrivalen ins Ziel. Für die Teams gibt es in Zukunft wohl ein Problem weniger und eine Chance mehr, in der Strategie-Frage zu pokern. Einen teaminternen Zweikampf wie man ihn in den letzten Jahren bei Mercedes zum Teil verflucht hat, wird es in diesem Jahr nicht geben - den Top-Fahrern sei Dank.
Die Verlierer des Wochenendes:
Lance Stroll. Einen Formel-1-Piloten zu bewerten, gestaltet sich nicht immer einfach. Zu viel hängt vom Auto, technischen Problemen und taktischen Experimenten der Teams ab. Im Fall von Williams ist die Sache dagegen sonnenklar. Lance Stroll ist schlicht und ergreifend zu schlecht für die Königsklasse. Seine ersten fünf Rennen in der Formel 1 lassen keinen anderen Schluss zu.
Nach drei Ausfällen in den ersten vier Rennen sah Stroll in Spanien zwar erneut die Zielflagge, seine Gesamt-Performance war jedoch schon wieder unterirdisch. Platz 18 im ersten Training, Platz 17 im zweiten und dritten Training, Quali-Aus in Q1 und Letzter im Rennen - der Williams gehört in diesem Jahr sicher an das untere Ende des Mittelfelds. Dass sich Stroll aber mit den Sauber- und McLaren-Piloten einen Kampf um die Rote Laterne liefert, liegt ganz sicher nicht allein am Material.
Red Bull. Wie die sprichwörtliche Jungfrau zum Kind kam Daniel Ricciardo auf dem Circuit de Catalunya zum dritten Platz. Teamkollege Max Verstappen befand sich während der Feierlichkeiten schon längst im Feierabend. Ohne die Ausfälle von Kimi Räikkönen, Valtteri Bottas und Verstappen wäre das Podest für den Australier wohl in weiter Ferne geblieben. Ob Verstappen in einem Rennen mit Räikkönen und Bottas unter die besten Drei gefahren wäre, darf ebenfalls bezweifelt werden.
Das Rennen in Barcelona hat für die Roten Bullen eine bittere Erkenntnis gebracht: Sie sind ein Verlierer der Update-Schlacht. Während Christian Horner, Adrian Newey und Co. in den letzten Jahren in Spanien regelmäßig mit technischen und aerodynamischen Neuerungen viele Zehntel auf die Konkurrenz aufholten, ist ihnen das im Jahr 2017 nicht gelungen. 0,557 und 1,026 Sekunden Rückstand im Qualifying deuten auf eine Saison hin, die nur unter dem Titel "Best Of The Rest" laufen wird.
Sergey Sirotkin. Das Leben als Formel-1-Testfahrer ist nicht immer einfach. Man hängt lange in der Warteschleife und muss dann alle Jubeljahre als Versuchskaninchen herhalten. So ungefähr dürfte sich der Russe Sergey Sirotkin am Wochenende gefühlt haben.
Der Renault-Ersatzpilot schaffte im ersten Training gerade einmal zehn Runden bis er von einem Wasserleck ausgebremst wurde. Vor wenigen Wochen in Russland waren es gar nur zwei Umläufe. Letzte Saison in Brasilien brachte es Sirotkin ebenfalls nur auf zehn Runden. Macht 22 Runden in 4:30 Stunden Trainingszeit. Viel weniger geht kaum.


