Thomas Greiss konnte den Rummel um seine Person gar nicht verstehen. "Man konzentriert sich halt und gibt sein Bestes", sagte der NHL-Torwart nach seiner Weltklasseleistung beim 2:1-Traumstart der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft in die Heim-WM gegen die USA: "Alleine mache ich da gar nichts, jeder hat geackert."
Mit derselben stoischen Ruhe hatte der Goalie der New York Islanders zuvor die amerikanischen Stars zur Verzweiflung gebracht - egal mit welchem Tempo und welcher Wucht sie auch auf sein Tor gestürmt waren.
"Er hat uns ein paarmal das Leben gerettet", gab Kapitän Dennis Seidenberg zu. Der Verteidiger kennt Greiss als Klubkollege im "Big Apple" besonders gut: "Das ist nichts Besonderes für ihn, er ist es gewohnt, so zu spielen." Die anderen Nationalspieler überboten sich dagegen mit Superlativen. "Unglaublich, man kann es gar nicht beschreiben, er war einfach immer da", meinte NHL-Stürmer Tobias Rieder, der für die frühe Führung gesorgt hatte (11.). "Weltklasse, was er rausfängt", urteilte der Kölner Siegtorschütze Patrick Hager (54.), "er ist da, wenn wir mal ein bisschen schlafen."
Insgesamt 42 Schüsse hatte Greiss abgewehrt, nur beim 1:1 durch Connor Murphy war er machtlos gewesen (51.). Nicht nur Franz Reindl hatte das Gefühl, dass kein normaler Torwart zwischen den Pfosten gestanden hatte. "Wie sagt man? Jesus Greiss", merkte der Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes an. In New York ist der deutsche Goalie seit dem vergangenen Jahr Kult: Auf T-Shirts steht er mit Dornenkrone im Tor, im Internet grüßt er mit Heiligenschein in Klubfarben - die Islanders-Fans feiern den 31-Jährigen als "Jesus Greiss", seit er nach langen Jahren auf den NHL-Bänken endlich zur Nummer eins geworden ist.
Schon nach 15 Sekunden war allen klar gewesen, dass es gegen die mit 19 NHL-Profis bestückten Amerikaner besonders auf den Füssener mit der bayerischen Bierruhe ankommen würde. Jungstar Johnny Gaudreau steuerte allein auf ihn zu, Greiss rettete mit einer Glanzparade - und Reindl dachte auf der Tribüne: "Das ist nicht gesund. Warum mache ich das?" In den folgenden 60 Minuten hielt der Goalie "uns am Leben", meinte Reindl und gab zu: "Ich hätte es nicht geglaubt."
"Das war schlicht ein Traumstart"
So aber durfte der Präsident nach einem nervenzehrenden WM-Auftakt jubeln - auch darüber, dass die Heim-WM besser begann, als er selbst erwartet hatte. "Wir stehen drei Punkte besser, als wir geglaubt haben", sagte er: "Das war schlicht ein Traumstart." Einer, der sogar noch besser war als beim Eishockey-Märchen 2010. Damals hatte die deutsche Mannschaft die USA beim Weltrekordspiel auf Schalke zum WM-Start ebenfalls mit 2:1 besiegt, allerdings erst in der Verlängerung und sich somit nur mit zwei Punkten belohnt. Die Euphorie, die sie auslöste, trug sie am Ende sensationell bis ins Halbfinale.







