Bundestrainer Christian Prokop feiert in Slowenien seine Pflichtspiel-Premiere. Doch was ist der 38 Jahre alte Senkrechtstarter eigentlich für ein Typ?
Am Ende wurde der ganze Trubel um seine Person Christian Prokop dann doch etwas zu viel. "Es wurde zu viel drüber geschrieben. Jetzt ist wichtig, dass die Mannschaft im Fokus steht und wir unsere Leistung zusammen bringen", sagte der neue Bundestrainer dem "SID" in Slowenien. Der regelrechte Hype vor seiner Pflichtspiel-Premiere in Ljubljana schien ihm fast ein bisschen unangenehm.
Prokop braucht nicht das große Scheinwerferlicht, um seine Philosophie an den Mann zu bringen. Er ist eher der akribische Arbeiter, der mit seiner Expertise vor allem nach innen wirkt. Die Abschlusseinheit vor dem Topspiel der EM-Qualifikation gegen Slowenien fand kurzfristig unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Prokop überlässt nichts dem Zufall, schon gar nicht im Training. "Er hat einen genauen Plan, was er von uns erwartet", sagte DHB-Kapitän Uwe Gensheimer. Der erste Eindruck sei "sehr positiv. Er arbeitet sehr im Detail und ist sehr kommunikativ."
Der Taktik-Tüftler mit Vorliebe für ausgefeilte Matchpläne
Prokop selbst hat einmal gesagt: "Erfolg ist nicht planbar, aber mit Plan planbarer." Genau mit dieser Philosophie will der Nachfolger von Dagur Sigurðsson den deutschen Handball in eine goldene Zukunft führen. Die Ziele? Medaille bei der Heim-WM 2019, Olympiagold 2020.
In der Szene gilt Prokop als akribischer und vom Erfolg geradezu besessener Taktik-Tüftler mit einer Vorliebe für ausgefeilte Matchpläne. Die "Süddeutsche Zeitung" sieht in dem geborenen Köthener bereits das Gegenstück zum Senkrechtstarter des Fußballs. "Julian Nagelsmann trainiert jetzt Handball", titelte das Blatt bei seinem Amtsantritt im März in Anlehnung an den Hoffenheimer Fußballcoach.
Viele Ähnlichkeiten zum Vorgänger
Die Erwartungshaltung nach der erfolgreichen Sigurðsson-Ära ist immens. "Wenn man sich die Erfolge von Dagur anguckt, kann man den Druck nicht wegdiskutieren, der auf mir lastet", sagte Prokop bei seiner Staffelübergabe. Ein Druck, mit dem er aber ziemlich gut klarzukommen scheint. Die mangelnde internationale Erfahrung? Für ihn kein Problem. Nach 14 Jahren im Trainergeschäft will er bei seiner Bewertung "die Zukunft sprechen lassen".
Jung, zielstrebig, erfolgreich: Der zweifache Familienvater Prokop erinnert mit seinem Auftreten und Profil stark an Sigurðsson. Auch der Isländer war bei seiner Amtsübernahme im Sommer 2014 der breiten deutschen Öffentlichkeit noch kein Begriff, genoss in der Szene als Trainer der Füchse Berlin aber längst höchste Wertschätzung.
Aus der zweiten Liga ins oberen Tabellendrittel der Bundesliga
Seine Sporen verdiente sich Prokop bei seinem Klub SC DHfK Leipzig, für den er noch bis Sommer parallel arbeitet. Seit 2013 betreut Prokop die Sachsen, schaffte 2015 den Aufstieg in die Bundesliga und mischt dort inzwischen im oberen Tabellendrittel mit. "Wenn man erkennt, wie er jeden einzelnen Spieler taktisch ausrichtet und wie detailverliebt er da ist, befindet er sich auch auf dem Niveau, auf dem Dagur Sigurðsson ist", hat Leipzigs Aufsichtsrat Stefan Kretzschmar einmal über seinen leitenden Angestellten gesagt.
Prokops Ehrgeiz kommt nicht von ungefähr. Der frühere Rückraumspieler galt als vielversprechendes Talent, bis er bei einem Länderspiel gegen Ägypten im Frühjahr 1999 einen Knorpel- und Meniskusschaden im linken Knie erlitt. Prokop gab nicht auf, schulte zur Schonung seines lädierten Beins von Rechts- auf Linkshänder um - und paukte parallel für seine A-Lizenz als DHB-Trainer.
Im März 2005 übernahm Prokop im Alter von 26 Jahren seinen ersten Job als Männer-Trainer in der Regionalliga beim MTV Braunschweig. Zwölf Jahre später bekleidet er das wichtigste Amt im deutschen Handball. Der Respekt sei groß, sagte Prokop, "aber die Vorfreude, die Mannschaft zu entwickeln und coachen zu dürfen, ist deutlich größer".









