Tapfer gekämpft, aber knapp an der Medaille vorbeigeturnt: Nach einem der besten Mehrkämpfe ihrer langen Laufbahn hat Kim Bùi bei den Europameisterschaften im rumänischen Cluj-Napoca mit einem fünften Platz positiv überrascht. Die 28-Jährige besiegte dabei zahlreiche Konkurrentinnen, die mehr als zehn Jahre jünger sind.
Der Sieg ging in einer spannenden Entscheidung an Elissa Downie. Die Britin holte für ihr Land das erste Mehrkampf-Gold bei den Frauen überhaupt und setzte sich vor Zsofia Kovacs aus Ungarn und der Französin Melanie de Jesus dos Santos durch.
Die erfahrene Stuttgarterin Bùi sprang mit ihrer exzellenten Leistung bravourös für Tabea Alt in die Bresche. Die nach der Qualifikation drittplatzierte Ludwigsburgerin, die nicht zu Unrecht auf Edelmetall spekuliert hatte, musste eine Stunde vor Wettkampfbeginn wegen Magen-Darm-Beschwerden absagen. Noch ist unklar, ob die 17 Jahre alte Weltcupsiegerin am Sonntag im Finale am Schwebebalken antreten kann.
Vernyayev gelingt Titelverteidigung
An diesem Gerät zeigte die für Alt kurzfristig nachgerückte WM-Dritte Pauline Schäfer ihre mit Abstand beste Leistung. Doch im Gesamtklassement reichte es nur für Rang 20, nachdem die Chemnitzerin große Probleme am Stufenbarren und am Boden offenbarte, die die 20-Jährige hoffnungslos zurückwarfen.
Bereits am Nachmittag hatte Barren-Olympiasieger Oleg Vernyayev seinen Titel im Mehrkampf erfolgreich verteidigt. Nach einem Sturz zum Auftakt am Boden startete der Ukrainer eine erfolgreiche Aufholjagd und siegte nach sechs Geräten mit 85,866 Punkten vor dem Russen Artur Dalaloyan (85,498) und James Hall aus Großbritannien (84,664).
Dauser und Herder chancenlos
Die beiden deutschen Athleten hatten erwartungsgemäß mit der Medaillenvergabe nichts zu tun. Der deutsche Barren-Meister Lukas Dauser aus Unterhaching kam im Schlussklassement mit 82,199 Punkten auf den siebten Platz. Zehnter wurde mit 81,305 Zählern der 24 Jahre alte Berliner Philipp Herder.
"Zunächst einmal bin ich froh, dass ich ohne Sturz durchgekommen bin. Die ersten Sechs sind nicht so weit weg für mich, dass ich da aufgeben müsste", sagte Dauser. Teamkollege Herder ergänzte: "Mein Ziel war Top 10, das habe ich erreicht."
Deutsche Medaillenträume am Barren
Einen zweiten Anlauf auf den Gewinn von Edelmetall kann Dauser, in diesem Jahr im Gesamtweltcup auf Rang zwei platziert, am Sonntag am Barren nehmen. An diesem Gerät hat sich auch der zweimalige Europameister Marcel Nguyen für das Finale qualifiziert.
"Wir kennen uns aus langjährigem gemeinsamen Training ganz genau", sagt Dauser zur Ausgangslage vor dem Duell mit dem sechs Jahre älteren Olympiazweiten von London. Goldfavorit im Sala Polivalenta ist naturgemäß Olympiasieger Vernyayev.
Die europäischen Titelkämpfe werden am Samstag mit den ersten fünf von insgesamt zehn Gerätefinals fortgesetzt. Am Stufenbarren hat neben Bùi auch ihre Stuttgarter Vereinskollegin Elisabeth Seitz, Olympia-Vierte am diesem Gerät, die Medaillenentscheidung erreicht.