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Wellinger und Co.: Auf der Jagd nach Edelmetall

Unterschiedliche Voraussetzungen: Wellinger, Frenzel und Ringwald
Unterschiedliche Voraussetzungen: Wellinger, Frenzel und Ringwald
22. Februar 2017, 07:13

Am Mittwoch startet die Nordische Ski-WM im finnischen Lahti. Deutschlands Sportler hoffen auf zahlreiche Medaillen. Acht Edelmetall-Kandidaten und ihre Chancen auf einen Platz auf dem Treppchen.

Andreas Wellinger (Skispringen)

Wer war gleich nochmal Severin Freund? Dass derzeit kein Hahn nach der etatmäßigen Nummer eins im deutschen Team kräht, liegt vor allem an Wellinger. Als 18-Jähriger wurde der Ruhpoldinger mit der Mannschaft 2014 in Sotschi Olympiasieger, danach folgte zwar kein Absturz, wohl aber viel Mittelmaß. Dem ist Wellinger in den Wochen vor der WM eindrucksvoll entwachsen: Weltcup-Sieg in Willingen, dazu Podestplätze in loser Folge. Aus dem (sportlichen) Hallodri ist ein Vollprofi geworden - eine Medaille in Lahti wäre die nur logische Konsequenz.

Richard Freitag (Skispringen)

Der Kerl bleibt allen ein Rätsel - der Konkurrenz, den Kollegen, dem Bundestrainer. Nur Freitag scheint alles achselzuckend mit Stoffeligkeit hinzunehmen. Dabei ist der Sachse mit überragendem Talent gesegnet. Ihm wäre es eigentlich zugefallen, angesichts des verkorksten Winters von Severin Freund die deutsche Mannschaft zu führen. Dies erledigen stattdessen wahlweise der weniger begabte Markus Eisenbichler und der weniger erfahrene Andreas Wellinger, während es sich "Richie" weiter in der Wohlfühlzone gemütlich macht. Möglich, dass Freitag in Lahti endlich eine Reaktion zeigt, schließlich liegt ihm gerade die kleine Schanze. Möglich ist aber auch ein erneuter Absturz wie zuletzt mit Platz 40 in Sapporo.

Carina Vogt (Skispringen)

Im mitunter grell-bunt-lauten Wintersport-Zirkus ist Carina Vogt ein Ruhepol. Weil somit gerne untergeht, was sie in den vergangenen drei Jahren vollbracht hat, sei es hier noch einmal herausgestellt: Gold bei der Olympia-Premiere des Frauen-Skispringens in Sotschi war eine der größten Sensationen der deutschen Wintersport-Geschichte. Dass Vogt dann aber - ebenfalls nicht als Favoritin - ein Jahr später den WM-Titel folgen ließ, fast noch höher zu bewerten. Nach eineinhalb schwächeren Jahren war sie zuletzt wieder ganz vorne dabei. Es würde nicht wundern, wenn in Lahti Teil drei der Märchensaga "Carina und der Wunder-Wettkampf" erscheint.

Katharina Althaus (Skispringen)

Das deutsche Frauen-Skispringen ist längst mehr als eine One-Woman-Show. Als Carina Vogt nach ihrem WM-Titel 2015 schwächelte, drängten andere nach vorne. Anna Rupprecht stand in der laufenden Weltcup-Saison erstmals auf dem Podest, dann riss ihr Kreuzband - das Aus für Lahti. Dafür sprang dann Katharina Althaus in die Bresche, ins Rampenlicht und aufs Treppchen. Einmal, zweimal, dreimal, dann führte sie den Dreifachsieg von Ljubno an, als sie vor Vogt und Svenja Würth triumphierte. Das ist schön für die Oberstdorferin, die nun in Lahti mit einer Einzelmedaille flirtet. Das ist aber vor allem schön für das deutsche Team, das im Mixed-Wettbewerb mit Vogt und Althaus doppelte weibliche Weltklasse aufbieten kann.

Eric Frenzel (Nordische Kombination)

Zugegeben: Es gibt spannendere Wintersportler als Eric Frenzel, dessen Mikrokosmos sich auf die bald fünfköpfige Familie, sein eigenhändig errichtetes Eigenheim, das Studium sowie darauf beschränkt, in seinem Sport der Beste der Geschichte zu werden. Ihm reicht das, und ohnehin ist der Sachse kein Mann für Glitzer und Glamour, die mediale Nebenschauplätze mit sich bringen. Für die Storys sorgt nicht Frenzels Privatleben, für sie sorgt der Sport: Olympia-Gold, drei WM-Titel, vier Gesamt-Weltcups, 38-Weltcup-Siege - der 60-Kilo-Floh ist schon jetzt einzigartig. Alles, was jetzt kommt, in Lahti und kommendes Jahr in Pyeongchang, wird eine Zugabe. Eine rauschende, mächtige, donnernde Zugabe.

Johannes Rydzek (Nordische Kombination)

Es liegt in der Natur der Kombination, dass es zwei Seiten gibt. Springen und Laufen, klar. Aber es gibt auch die zwei Seiten hinter der Karriere von Johannes Rydzek. Ohne einen Eric Frenzel wäre der Oberstdorfer der unbestrittene König seiner Sportart. Aber ohne Eric Frenzel wäre Rydzek wohl auch nicht derart gut. Das teaminterne, mitunter auf Biegen und Brechen, zumeist aber sportlich-fair geführte Duell auf höchstem Niveau lässt Rydzek wie auch Frenzel nie in Gefahr laufen, irgendetwas schleifen zu lassen. Zwei WM-Titel hat Rydzek bereits auf der Habenseite. Ob, oder besser: wie viele mehr es werden, hängt auch von Frenzel ab. Denn der kann Rydzek hindern (Einzel) wie auch ihm helfen (Team/Staffel). Zwei Seiten eben.

Sandra Ringwald (Skilanglauf)

Claudia Nystad und Evi Sachenbacher: Vergangenheit. Denise Herrmann: zum Biathlon übergelaufen. Nicole Fessel: zuletzt wieder kränkelnd. Die deutschen Langläuferinnen haben es nicht leicht. Dass dennoch kein Grund zur Sorge besteht, ist vor allem Sandra Ringwald zu verdanken, die zunehmend zur Anführerin einer aufstrebenden Generation wächst: stark im Sprint, Hoffnungsträgerin im Teamsprint und mit der Staffel - der Erfolg in Lahti steht und fällt mit Ringwald. Sollte er fallen, dürfte sich Ringwald wohl dennoch über einen Titel freuen: Ihr Lebensgefährte Fabian Rießle ist mit der deutschen Kombinierer-Staffel haushoher Gold-Favorit.

Tim Tscharnke (Skilanglauf)

Nun gut: Ein wenig ist es schon ein Akt der Höflichkeit, an dieser Stelle einen deutschen Langläufer aufzuführen. Zehn Jahre nach dem letzten Einzel-Gold durch Axel Teichmann 2007 in Sapporo ist jene Goldene Generation längst Geschichte, die mit Teichmann, Tobias Angerer und Rene Sommerfeldt eine Ära geprägt hat, das Jetzt trostlos. Einer, der in diese Fußstapfen treten könnte, ist Tscharnke. An guten Tagen gewinnt der 27-Jährige Weltcup-Rennen wie 2012 in Canmore und 2015 in Val di Fiemme. Doch gute Tage sind selten geworden, Tscharnkes - positiv ausgedrückt - Feinfühligkeit steht ihm oft im Weg. Schnee zu nass, Schnee zu trocken, Luft zu warm, Luft zu kalt: Kann alles stören bei Tscharnke. Er sucht und braucht das ideale Rennen. Die Hoffnung, dass er dieses einmal bei einem Saisonhöhepunkt findet, lebt noch.

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