In Oberstdorf stehen für die deutschen Skilangläufer bei der Tour de Ski die einzigen Heimrennen der WM-Saison auf dem Plan. Bei den zuletzt erschreckend schwachen Männern weckt lediglich Rückkehrer Tim Tscharnke die Hoffnung auf eine vordere Platzierung.
Tim Tscharnke kann endlich wieder lachen. Nachdem er auf der zweiten Etappe der Tour de Ski in Münstertal/Schweiz von Startplatz 65 auf Rang 24 nach vorne gelaufen war, stand der Thüringer im Zielbereich und grinste breit. "Darauf kann man aufbauen", sagte Tscharnke, der nach einem Jahr voller Krankheiten und Blessuren langsam zurück in die Spur findet. Vor den einzigen beiden Heimrennen der WM-Saison am Dienstag und Mittwoch in Oberstdorf ist der 27-Jährige der einzige Lichtblick bei den abgehängten deutschen Männern.
Denn dass Tscharnke mit seiner Aufholjagd der Beste seiner Mannschaft war, zeigt deutlich, wie weit die Athleten des Deutschen Skiverbands derzeit von der Weltspitze entfernt sind. Die Zeiten, als Tobias Angerer, Axel Teichmann und Co. Siege in Serie feierten, sind längst nur noch eine verblassende Erinnerung. Anfang 2015 sorgte Tscharnke mit einem Überraschungserfolg bei der Tour de Ski für den bislang letzten deutschen Triumph im Weltcup - und wurde anschließend von seinem Körper ausgebremst.
Tscharnke: "Habe mein Konto überzogen"
"Ein Sportler-Körper ist wie ein Bankkonto, auf das man im Training einzahlt und bei den Wettkämpfen abbucht", erklärte Tscharnke zuletzt: "Ich habe in den letzten Jahren mein Konto überzogen - und wenn man ins Minus gerät, wird es ungemütlich."
Sein erster Comeback-Versuch Ende 2015 scheiterte krachend. Auch in der laufenden Saison musste sich der derzeit einzige deutsche Langläufer mit Potenzial für die Weltspitze lange gedulden, ehe er nun bei der Tour de Ski seine ersten Einzel-Starts erhielt.
Perspektive macht Hoffnung
Der Auftritt im Klassik-Massenstart am Neujahrstag war dabei ein erster Fingerzeig dafür, dass Tscharnke gemeinsam mit seinem Heimtrainer Teichmann die richtigen Schlüsse aus seiner langen Zwangspause gezogen hat. "Solche Rennen sind unheimlich wichtig fürs Selbstvertrauen", sagte Tscharnke, 2010 gemeinsam mit Teichmann Olympia-Zweiter im Teamsprint: "Es geht nur Schritt für Schritt nach vorne. Das braucht Zeit."
Etwas besser ist die Situation bei den Frauen. Distanz-Spezialistin Nicole Fessel, die sich zu Jahresbeginn wie Tscharnke durch das Feld nach vorne kämpfte und letztlich immerhin Zwölfte wurde, ist in dieser Saison ein Muster an Konstanz. Dahinter steht eine Riege junger Talente wie Junioren-Weltmeisterin Victoria Carl und Katharina Hennig. Die absolute Weltspitze ist zwar ebenfalls ein ordentliches Stück entfernt, doch die Perspektive stimmt.
