Stefan Kretzschmar ist für seine klare Haltung rund um den Handballsport bekannt. Im "Sport Bild"-Interview äußert er sich zum Rücktritt von Dagur Sigurðsson und beteiligt sich an den Spekulationen über dessen Nachfolge. Zudem kritisiert er die Vermarktung des Handballs auf Sport1.
"Ich bin traurig, weil wir den bestmöglichen Bundestrainer verlieren", sagte Kretzschmar zum vergangene Woche bekanntgewordenen Rücktritt des Isländers nach der WM 2017. Dieser sei genau der Richtige "für diesen traditionellen, leicht angestaubten Deutschen Handballbund" gewesen. Sogar er selbst habe noch einmal versucht den 43-Jährigen umzustimmen - vergeblich. Indes stellt der TV-Experte in Frage, ob der DHB alles getan hätte, um den Erfolgstrainer zu halten.
Sigurðsson sei "ein Kosmopolit, eigentlich sogar ein Künstler." Um für seinen Verbleib zu kämpfen, hätte sich der DHB mehr mit der privaten Situation des Europameisters von 2016 beschäftigen müssen. "Er wollte mit seiner Familie wieder auf Island leben. Da hätte man als DHB ansetzen müssen", so der der 43-Jährige. "Auch da stellt sich die Frage: Warum muss ein Bundestrainer unbedingt in Deutschland wohnen? Wenn man unbedingt will, dass derjenige, der so viel für den deutschen Handball getan hat, nicht weggeht, muss man doch alles für seinen Verbleib tun."
Guðmundsson, Baur oder Prokop?
Nun steht allerdings fest, dass Sigurðsson die deutsche Nationalmannschaft in Richtung Japan verlässt, sodass jetzt die Nachfolge-Spekaulationen in vollem Gange sind. Der ehemalige Magdeburger sieht in Guðmundur Guðmundsson "die einfachste Variante". Aber auch Frauen-Bundestrainer Michael Biegler oder Markus Baur räumt Kretzschmar Chancen im Nachfolge-Rennen ein.
Ein weiterer Kandidat ist Christian Prokop, Trainer des SC Leipzig, bei dem Kretzschmar im Aufsichtsrat sitzt. Eine vorzeitige Entlassung käme für den gebürtigen Leipziger nur aus "humanitären Gründen" in Frage. "Wenn er zu uns sagt, dass er unbedingt Nationaltrainer werden will, würden wir ihm diesen Traum nicht verwehren", erklärte der 218-fache Nationalspieler. Auf eine mögliche Ablöse würde die Leipziger aber "auf gar keinen Fall" verzichten.
Kretzschmar: Handball-Produktion auf Sport1 "lieblos"
Ab 2017 haben Sky sowie ARD und ZDF die Handballrechte. Für den Sport1-Experten Kretzschmar nicht zwangsläufig schlechte Nachrichten. "Sport1 hat 40 Spiele im Free-TV gezeigt und zwischen 300000 und 500000 Zuschauer gehabt. Das ist nicht wenig." Trotzdem fehle bei der Berichterstattung die nötige Leidenschaft: " Man muss aber auch ganz klar sagen, dass das Produkt Handball von Sport1 sehr lieblos produziert worden ist", analysierte Kretzschmar.
Bei Sport1 habe der Handball immer wie das "ungeliebte Stiefkind" gewirkt. Das mache Sky nun besser.