Nordderby und Krisengipfel: Am Samstag treffen der Hamburger SV und Werder Bremen aufeinander. Gelingt dem HSV gegen den Erzrivalen ein Schritt aus Krise? Zwei Redakteure, zwei Meinungen.
Nach dem Nordderby wird beim HSV kein Licht mehr brennen
Würde es vor der eigenen Haustür nicht so übel aussehen, würde man annehmen, dass das Nordderby für den HSV gar nicht zu einem besseren Zeitpunkt kommen könnte. Werder hat sämtliche Euphorie nach dem Trainerwechsel bereits aufgebraucht, zuletzt vier Mal in Folge verloren.
Doch jeder HSV-Fan, der auch nur im Ansatz über Hohn und Spott gegenüber dem Erzrivalen nachdenkt, sollte nur einmal einen Blick auf die Tabelle werfen: Kein Sieg, sechs mickrige Tore. Die Frage darf also gestellt werden, wer denn gegen den SVW, der ebenfalls eine Schießbude ist, eigentlich die Treffer erzielen soll?! Wood? Rotgesperrt! Lasogga? Außer Form! Balkan-Messi Halilović? Degradiert! Einzig Nicolai Müller hatte zuletzt einige Lichtblicke, kann aber ein Spiel nicht alleine entscheiden.
In Bremen hingegen sieht es trotz der offensichtlichen Ergebniskrise intern ganz anders aus. Der SV Werder beweist in allen Belangen Zusammenhalt. Spätestens seit der Amtsübernahme durch Alexander Nouri steht - anders als beim HSV - wieder eine richtige Mannschaft auf dem Platz, die sich nicht mehr ihrem Schicksal ergibt. Gerade im Nordderby wird es darauf ankommen, wer den Kampf annimmt. Und die Bremer haben nicht nur im Abstiegskampf in der letzten Saison bewiesen, dass sie beißen können.
Mit den wiedergenesenen Max Kruse und Claudio Pizarro haben die Grün-Weißen zudem zwei Hochkaräter im Team. Sie werden dem HSV zeigen, wo es langgeht. Für Hamburg hingegen stehen elf zahnlose Tiger auf dem Rasen, die ein Abbild dessen zeigen, was sie durch ihre Führungsetage vorgelebt bekommen: Lethargie und Unstrukturiertheit.
Ein Fünkchen Hoffnung besteht derzeit noch beim HSV. Doch nach dem Nordderby wird am Tabellenende ganz sicher gar kein Licht mehr brennen.
Chris Rohdenburg
Aus elf HSV-Spielern wird eine Mannschaft
Die Bremer haben bewiesen, dass sie beißen können? Was soll man denn dann vom Hamburger SV behaupten? Zweimal gingen die Rothosen in den letzten drei Jahren erfolgreich aus der Relegation hervor. Nach zweimaligem Nervenkrieg gönnten sie sich in der vergangenen Saison zwar eine Pause vom wirklich brenzligen Abstiegskampf, die Erinnerungen sind aber immer noch frisch.
Oder wie der ehemalige HSV- und Werder-Keeper Frank Rost gegenüber der "Bild" sagte: "Vielleicht ist es ein Vorteil, dass die Hamburger im Russisch Roulette sehr viel mehr Erfahrung haben."
Das Nordderby ist ein hochbrisantes Alles-oder-Nichts-Spiel. Der HSV braucht als Tabellenschlusslicht dringend den ersten Dreier der Saison, andernfalls drohen die Hanseaten den Anschluss an das rettende Relegationsufer vollends zu verlieren. Dazu kommt der Faktor Prestige. Beide Fanlager lechzen danach, dem verhassten Rivalen im Abstiegssumpf einen Tritt mitzugeben. Aber genau diese Spiele liegen der Mannschaft des neuen Trainers Markus Gisdol.
In elementaren Begegnungen wurde aus den elf HSV-Spielern in den vergangenen Jahren immer eine Mannschaft. So wird es auch diesmal wieder sein. Die aktuelle Bilanz spricht hier übrigens auch für Hamburg: Drei der letzten vier Duelle gewannen die Männer von der Elbe - meist dank Stürmertoren.
Diese Statistik sollte das Selbstbewusstsein gegen zuletzt formschwache und demoralisierte Werderaner stärken. Der Hamburger Sportverein wird auch diesmal als Sieger vom Rasen gehen. Denn im Russisch Roulette ist der HSV Weltklasse.
Florian Pütz




























