Neue Euphorie, neue Qualität, neue Hoffnung: Michael Biegler hat im deutschen Frauen-Handball binnen Rekordzeit für Aufbruchstimmung gesorgt. Die Vorstellung des neu formierten Teams gegen den EM-Zweiten Spanien macht trotz eines Dämpfers am Sonntag Lust auf mehr. Eine schnelle Rückkehr in die Weltspitze scheint keine Utopie mehr.
"Das war ein Big Step", sagte der Bundestrainer nach dem imposanten 32:18 im ersten wirklichen Härtetest seiner Amtszeit: "Wir sind auf dem richtigen Weg". Er lächelte.
Überbewerten will Biegler, in der Szene nicht gerade für seine Gefühlsausbrüche bekannt, das Ergebnis freilich nicht. Aber trotz der 24:27 (11:14)-Niederlage im zweiten Test in Lingen wird auch der Rheinländer registriert haben: Die zuletzt arg schlingernde deutsche Nationalmannschaft befindet sich acht Wochen vor der Europameisterschaft in Schweden (4. bis 18. Dezember) wieder in der Spur.
"Ganz stark Beagle"
Bieglers Team agierte zwar im zweiten Duell mit den Ibererinnen nicht so effektiv wie zwei Tage zuvor, doch auch Spanien steigerte sich im Gegensatz zum ersten Duell auch deutlich. Auf dem Weg zur ersehnten WM-Medaille beim Heimturnier in gut 14 Monaten könnte Biegler zum großen Trumpf werden. Der 55-Jährige kommt bei seinen Spielerinnen an - und lenkt mit seiner Popularität zusätzliche und dringend benötigte Aufmerksamkeit auf die Sportart. In Hamburg herrschte ein mediales Interesse am Frauen-Handball wie seit Jahren nicht, und so gehörte auch Stefan Kretzschmar zu den Gratulanten: "Glückwunsch Mädels. Ganz stark Beagle", twitterte der frühere Nationalspieler.
Die größten Impulse gibt Biegler seinem Team aber auf dem Spielfeld. Im ersten Spiel gegen Spanien am Freitag in Hamburg präsentierten sich Spielführerin Anna Loerper und Co. im Angriff variabel und äußerst spielfreudig, hinten überzeugte die bewegliche 6:0-Deckung mit einer glänzenden Torhüterin Clara Woltering dahinter.
"Wir lernen viel von ihm. Er schafft es, das Beste aus uns rauszuholen", sagte Loerper und schwärmte von der "hohen Trainingsqualität". Auch Woltering, seit 13 Jahren in der Nationalmannschaft, meinte anerkennend: "Er gibt uns einen konkreten Matchplan an die Hand und bringt es auf den Punkt - das ist genial."
Nach nur sechs Monaten im Amt und erst drei (siegreichen) Länderspielen ist Bieglers Handschrift deutlich zu erkennen. Beispielhaft für die imponierende Leistung der stark verjüngten Mannschaft am Freitag gegen Spanien waren die rotzfrechen Auftritte des Team-Kükens Emily Bölk (18) und der Länderspiel-Debütantin Alicia Stolle (20).
"Ergebnisse zweitrangig"
Doch auch Biegler, der zuvor 32 Jahre als Männertrainer arbeitete, brannte am Spielfeldrand ein kleines Feuerwerk ab. Er zeigte nach Toren immer wieder die Faust, applaudierte seinen "Ladies", wie er seine Spielerinnen liebevoll nennt, nach gelungenen Aktionen und schnappte sie sich zum Einzelgespräch.
"Ergebnisse sind zurzeit zweitrangig", warnte Biegler: "Wir brauchen diese Spiele gegen große Mannschaften für unser Projekt." Mit "Projekt" meint er die Heim-WM 2017. All sein Handeln ist auf dieses eine Ziel ausgerichtet. Denn spätestens dann soll es für die deutsche Mannschaft, WM-13. des vergangenen Jahres, wieder um Medaillen gehen.







