Vor der Traumkulisse an der Copacabana strahlte Isabelle Härle mit der Sonne um die Wette. "Es gibt nichts Geileres, als hier zu schwimmen. Das ist viel besser als im Schwimmbad", sagte die Freiwasserschwimmerin nach ihrem sechsten Platz im 10-km-Rennen am berühmtesten Strand der Welt: "Natürlich hofft man auf eine Medaille, aber ich bin nicht traurig. Mit Platz sechs bin ich vollkommen zufrieden."
Die Team-Weltmeisterin war ein couragiertes Rennen geschwommen, nach der Hälfte konnte die Essenerin das Tempo der Spitze aber nicht mehr mitgehen. "Da ging die Post ab, die Lücke habe ich nicht mehr schließen können", sagte die 28-Jährige, die nach 1:57:22,1 Stunden eine halbe Minute Rückstand auf Bronze hatte. Inspiriert von der traumhaften Umgebung will die frühere Beckenschwimmerin über ihre sportliche Zukunft "bei einem Caipi nachdenken".
Gold ging überlegen an die WM-Zweite Sharon van Rouwendaal vor Europameisterin Rachele Bruni aus Italien und der Brasilianerin Poliana Okimoto. Die auf Platz zwei geschwommene Weltmeisterin Aurelie Muller aus Frankreich wurde nach dem Zieleinlauf disqualifiziert, weil sie Konkurrentin Bruni im Schlussspurt den Ellenbogen ins Gesicht geschlagen hatte.
"Das Flair Südamerikas"
Vom Strand aus verfolgten einige Hundert Menschen das Rennen, die meisten von ihnen in Bikini und Badeshorts. "Das ist ein herrliches Ambiente", sagte DSV-Leistungssportdirektor Lutz Buschkow, "hier herrscht das Flair Südamerikas."
Nach den starken Winden und meterhohen Wellen der vergangenen Tage boten sich Härle und Co. unter dem Zuckerhut fast ideale Bedingungen. Mit 21 Grad war das Meer fast so warm wie die Luft am Morgen, als die 26 Schwimmerinnen bei strahlendem Sonnenschein ins Wasser gingen. Der Start erfolgte nicht wie gewöhnlich von einem Ponton, sondern direkt vom Strand aus. Meterhohe Brecher hatten am Samstag die Startbrücke aus der Verankerung gerissen und zerbrochen.
Wechsel die richtige Entscheidung
Härle war vor fünf Jahren aus dem Becken ins Freiwasser gewechselt, weil sie sich unbedingt ihren Traum von Olympia erfüllen wollte. Gleich bei ihrer ersten WM 2011 in Shanghai gewann sie im Sog von Rekord-Weltmeister Thomas Lurz Bronze im Teamwettbewerb, zwei WM-Titel im Team und ein EM-Triumph über 5 km folgten. Thomas Lurz war mit Härles Leistung mehr als zufrieden. "Ihr sechster Platz zeigt wieder, dass das Freiwasser im Verband eine wichtige Rolle spielt", sagte er nach der besten Platzierung einer deutschen Schwimmerin bei Olympia.
Auf ein aufgewühltes Meer hofft Team-Weltmeister Christian Reichert, der am Dienstag (14:00 Uhr MESZ/9:00 Uhr OZ) über zehn Kilometer an den Start geht. "Je höher die Wellen, je kälter das Wasser, desto besser, desto härter muss man kämpfen - das ist einfach super", sagte der 31-Jährige aus Wiesbaden, der Außenseiterchancen hat.

