"Verräterin" war eines der netteren Schimpfwörter für Darya Klishina. Die hübsche Blondine hatte sich noch deutlich schlimmere Beleidigungen anhören müssen, weil sie als einzige Leichtathletin Russlands bei Olympia in Rio hätte starten sollen. So weit wird es nun nicht kommen.
"Wir haben die Ausnahmegenehmigung von Klishinafür einen Start in Rio zurückgezogen, da uns neue Erkenntnisse vorliegen", sagte IAAF-Sprecher Yannis Nikolaou.
Grund für den Ausschluss sollen Unregelmäßigkeiten bei Dopingproben von Klishinagewesen sein. Nach ARD-Informationen sínd zwei Urinroben von Klischina aufgetaucht, bei denen die Behälter Spuren enthielten, die auf ein illegales Öffnen schließen lassen. Zudem soll eine dieser Proben neben der DNA von Klishina auch die einer weiteren Person enthalten haben.
Klishina reicht sofort Klage ein
Klishina reichte gegen diese Entscheidung sofort Klage beim Internationalen Sportgerichtshof CAS ein - und äußerte in aller Öffentlichkeit ihr Unverständnis. "Ich bin eine saubere Athletin und habe dies unzählige Male ohne jeden Zweifel bewiesen", schrieb sie auf Facebook und ergänzte: Sie werde allen erdenklichen Schritte unternehmen, um ihren Ruf als saubere Athleten zu bewahren.
Die 25 Jahre alte Weitspringerin hatte ursprünglich die Starterlaubnis für die Wettkämpfe erhalten. Sie lebt seit 2013 im US-Bundesstaat Florida und befand sich nach bisherigem Erkenntnisstand damit seit dieser Zeit außerhalb des russischen und innerhalb des US-amerikanischen Anti-Doping-Systems.
Klishina wittert Verschwörung
Klishina wurde in ihrer Stellungnahme dazu nicht konkret, erwähnte aber immerhin: "Ich bin fast ausschließlich außerhalb des infrage stehenden Anti-Dopings-Systems getestet worden" - also des betrügerischen russischen. "Fast ausschließlich" bedeutet aber auch: Es gab wohl auch Tests innerhalb dieses Systems.
Klishina wittert unterdessen eine Verschwörung. Sie sei Opfer all jener, die ein System geschaffen hätten, mit dem "unser wunderbarer Sport manipuliert wird" und die schuldig seien, den "Sport für politische Zwecke zu missbrauchen", sagte Klischina weiter. Sie fühle sich betrogen von einem System, das sich nicht darauf konzentriere, den Sport sauber zu halten und die normalen Athleten zu unterstützen, "sondern vielmehr Siege außerhalb der Sportarena sucht". Wen konkret Klischina damit meint, ist nicht klar.
Mutko: "bewusste Provokation"
Russlands Sportminister Vitali Mutko kritisierte Klischinas Ausschluss scharf. "Das sind bewusste Provokationen, die mit voller Absicht getätigt werden. Ihr Ziel ist der russische Sport", sagte der Politiker am Sonntag der Nachrichtenagentur "Tass". Mutko rechnet damit, dass es "nicht die letzte Provokation" gegen russische Athleten gewesen sein wird.
Mitte Juli hatte Klishina vom Weltverband IAAF als einzige Russin die Starterlaubnis für Rio erhalten, eben weil sie seit 2013 in Bradenton beheimatet ist und sich dort angeblich dem Anti-Doping-System der USA unterwirft. Dem Rest der Russen um Stabhochspringerin Elena Issinbayeva war staatlich unterstützten Betrugsmaschinerie gesperrt worden. Der letzte verzweifelte Versuch, den Bann anzufechten, war vom Sportgerichtshof CAS abgelehnt worden.
Viele Russen hätten es bereits zuvor gerne gesehen, wenn Klischina deswegen auf die Reise nach Brasilien verzichtet hätte. Doch stattdessen hatte die 25-Jährige der IAAF auf Facebook für die Freigabe gedankt. Das kam in der Heimat überhaupt nicht gut an, und über der Medaillenkandidatin brach ein Shitstorm herein. In russischen Medien wurde die EM-Dritte von 2014 sogar mit Nazi-Kollaborateuren gleichgesetzt, Issinbajewas Trainer Jefgeni Trofimow nannte Klischinas Dank an die IAAF "beschämend".