In Pjöngjang war es noch dunkel, und irgendwo, um kurz vor fünf Uhr Ortszeit, in einem Palast, auf einer Yacht oder einem anderen standesgemäßen Ort, dürfte Kim Jong-un auf die Bildschirme geschaut und schrecklich gute Laune bekommen haben.
Im fernen Rio de Janeiro, der Stadt der Freizügigkeit am anderen Ende der Welt, stand Rim Jong Sim auf dem Podium und schluchzte und weinte. Gold im Gewichtheben hatte Rim gewonnen, das erste für die Kim-Diktatur bei den Sommerspielen 2016.
Aus den Lautsprechern dröhnte Aegukka, die nordkoreanische Nationalhymne. Und als zeitgleich mit Rim auch ihr versammelter Betreuerstab wie einstudiert hemmungslos drauf losheulte, stellte sich die Frage, ob das tatsächlich lediglich Tränen der Freude waren.
Für viele Staaten sind Olympische Spiele ein Instrument, die Stärke der eigenen Nation zu demonstrieren. Für Nordkorea und die Kim-Dynastie sind sie mehr noch ein Mittel, die Rückständigkeit des eigenen Systems zu kaschieren. Der Druck, unter dem die Athleten aus dem rigoros abgeschotteten Land stehen, muss enorm sein. Bleiben Leistungen und Medaillen aus, sind Repressalien durch die Partei wohl nicht auszuschließen.
Überwältigt vor Glück
Womöglich war Rim deshalb einfach nur erleichtert, auch wenn ihre Aussagen Gegenteiliges vermuten ließen. "Ich war überwältigt von Glück und Freude über die Goldmedaille, mit der ich meinem Führer Ehre erwiesen habe", sagte Rim über ihren emotionalen Ausbruch.
Dass sie im Finale mit 374 kg im Zweikampf insgesamt 16 kg mehr zur Hochstrecke brachte als die zweitplatzierte Weißrussin Darja Naumawa, kommentierte Rim demütig: "Ich hätte es noch besser machen können." Kim Jong-un wird es ihr verzeihen.