Die schwer gestürzte Niederländerin Annemiek van Vleuten ist trotz ihres Horrorunfalls im olympischen Straßenradrennen guter Dinge, das Krankenhaus sogar noch am Montag verlassen zu können.
"Ich warte auf einige Untersuchungen und hoffe, dass ich heute rauskomme", schrieb die 33-Jährige auf Twitter, und drückte nochmals ihre Enttäuschung über die entgangene Goldchance aus: "Diese Chance kommt einmal in vier Jahren, das macht es nicht leicht."
Van Vleuten war am Sonntag knapp zehn Kilometer vor dem Ziel bei der schwierigen Abfahrt von der Vista Chinesa in einer Rechtskurve bei einem Verbremser weggerutscht. In Führung liegend überschlug sie sich, prallte mit dem Kopf auf die Straße und mit dem Rücken auf die Bordsteinkante. Van Vleuten blieb zunächst bewusstlos liegen. "Ich dachte, sie wäre tot", sagte Landsfrau und Olympiasiegerin Anna van der Breggen über die schreckliche Szene.
Van Vleuten verbrachte die Nacht auf Montag auf der Intensivstation. Die niederländische Verband hatte zuvor mitgeteilt, dass sie eine schwere Gehirnerschütterung sowie drei kleinere Frakturen im Lendenwirbelbereich erlitten habe. Noch am späten Sonntagabend meldete sich van Vleuten bei Twitter selbst zu Wort. "Es wird alles wieder gut. Ich bin vor allem super enttäuscht nach dem besten Rennen meiner Karriere", schrieb sie.
"Ich bin wirklich sehr wütend"
Die Aufarbeitung des "schrecklichen Horrorsturzes" (Telegraaf) ließ nicht lange auf sich warten. Viele gingen auf die Organisatoren vom Radsport-Weltverband UCI los - allen voran der britische Bahnrad-Olympiasieger und Ex-Straßenprofi Chris Boardman. "Ich bin wirklich sehr wütend", sagte der heutige BBC-Kommentator live im Fernsehen, "ich habe mir den Kurs angeschaut und gesagt: Wer hier stürzt, wird kaum wieder aufstehen. Das war weit entfernt von anspruchsvoll, das war gemeingefährlich."
Seine Kritik teilten die Fahrer und Fahrerinnen allerdings nicht. "Es ist die Sache jedes Einzelnen, wie viel Risiko er geht", sagte etwa der deutsche Radprofi Emanuel Buchmann. Er stand mit dieser Ansicht für viele.
Van Vleuten war in der waghalsigen Abfahrt vom berühmten Aussichtspunkt Vista Chinesa in einer Rechtskurve gestürzt. Sie bewegte sich nicht, als die Verfolgerinnen die Stelle passierten. "Es war seltsam, unheimlich, schockierend", sagte van der Breggen: "Was bedeutet da noch der Wettkampf?"
UCI wehrt sich gegen Vorwürfe
Im Krankenhaus wurde eine erleichternde Diagnose gestellt. Drei kleine Brüche im Bereich der Lendenwirbelsäule, dazu die Gehirnerschütterung - dafür wurde das Wort "glimpflich" erfunden.
Die UCI muss sich dennoch Fragen gefallen lassen, ob sie die Strecke nicht hätte entschärfen müssen. Nach dem Männerrennen hatte sich erahnen lassen, dass die Frauen nicht verschont bleiben würden. Allerdings ist sich der Weltverband keiner Schuld bewusst: "Der Kurs wurde gewissenhaft entworfen und intensiv getestet", teilte die UCI mit.




