Ihre perfekt manikürten Daumen hatte Regina Halmich nicht vergeblich gedrückt, die ehemalige Königin des deutschen Frauenboxens war von "Killer Queen" Susi Kentikian mächtig beeindruckt. "Ich hatte zwar mit einem vorzeitigen Sieg kalkuliert, aber sie hat einen tollen Kampf gemacht", sagte die Ex-Weltmeisterin über ihre Nachfolgerin weit nach Mitternacht.
Bei Kentikians in Eigenregie veranstalteter "Nacht, die kracht" reichte es am Ende zwar nicht ganz zum erhofften K.o.-Triumph, aber der einstimmige Punktsieg gegen Nevenka Milovic aus Kroatien erfüllte ihren eigenen Anspruch auf "Real Boxing" voll und ganz. Knapp 3000 Fans feierten die gebürtige Armenierin bei ihrem Heimspiel in Hamburg.
"Für mich ist Boxen real, wenn beide Boxer eine faire Chance auf den Sieg haben. Viel zu lange habe ich mir einseitige Kämpfe im TV ansehen müssen", sagte Kentikian. Pech nur für die 28-Jährige, dass sie für ihre erfolgreiche Titelverteidigung im Fliegengewicht keinen übertragenden Fernsehsender fand.
"Unglaublich harter Kampf"
Denn der Auftritt der nur 1,54 m großen Kämpferin war absolut sehenswert. "Es war ein unglaublich harter Kampf. Meine Gegnerin war immer auf einen K.o. aus, und ich musste auf der Hut sein", sagte Kentikian. Schien die Last, sich um viele logistische und organisatorische Dinge kümmern zu müssen, sie bei ihrem vorletzten Kampf im vergangenen Oktober noch fast zu erdrücken, hat sich das einstige Flüchtlingskind an diese Doppelbelastung nun offenbar gewöhnt.
Probleme, die Halmich zu ihren Glanzzeiten nicht kannte. Zwölf Jahre lang trug sie ihren WM-Gürtel, solide gemanagt vom damaligen Branchenführer Universum Box Promotion. Umso mehr überzeugte die mittlerweile 39-Jährige der Auftritt Kentikians in der Hansestadt. "Der Druck ist bestimmt groß, wenn man sich nicht ausschließlich auf das Boxen konzentrieren kann", sagte Halmich.
Bei der Premiere von "Kentikian Realboxing" musste indes die Attraktivität des Hauptkampfs noch so manche Unwucht abseits des sportlichen Höhepunkts überdecken. Eine zu lasche Security, ein verspäteter Veranstaltungsbeginn, ein bräsiger Ringsprecher - auch dafür stand die alte und neue Weltmeisterin mit ihrem Namen.
Überflüssige Nachlässigkeiten, für die Kentikian direkt nach ihrem Sieg im Ring aber weder Auge noch Ohr hatte. Stattdessen gab es euphoriegetränktes Lob für ihre Entourage: "Ich bin so froh, die richtigen Leute an meiner Seite zu haben."
Profiboxen, Veranstaltung in Hamburg:
WIBF- und GBU-Weltmeisterschaft im Fliegengewicht: Susi Kentikian (TV) 3:0-Punktsiegerin nach zehn Runden gegen Nevenka Mikulic (Kroatien).
Deutsche Meisterschaft im Super-Mittelgewicht (vakant): Emin Atra 3:0-Punktsieger nach zehn Runden gegen Surik Donsdean.
Cruisergewicht: Stjepan Vugdelija (Kroatien) TKo.-Sieger erste Runde gegen Grigol Abuladse (Georgien).
Halbschwergewicht: Eric de Mori (Australien) K.o.-Sieger zweite Runde gegen Gordan Zoric (Kroatien).
Halbschwergewicht: Patrick Rokohl TKo.-Sieger dritte Runde gegen Giorgi Aduaschwili (Georgien).
Mittelgewicht: Dima Weimer 3:0-Punktsieger nach sechs Runden gegen Darko Knezevic (Serbien).
Mittelgewicht: Gökalp Özekler (Türkei) TKo.-Sieger siebte Runde gegen Slavisa Simeunovic (Bosnien-Herzegowina).
Super-Weltergewicht: Soner Inan TKo.-Sieger zweite Runde gegen Sabri Ulas Göcmen.
Super-Weltergewicht: Magomed Jangubajew (Russland) K.o.-Sieger erste Runde gegen Adnan Zilic (Bosnien-Herzegowina).