Zum sechsten Mal nacheinander ist der Thüringer HC deutscher Meister. Der Sieg im entscheidenden letzten Saisonspiel gegen Leipzig war eine Demonstration der Machtverhältnisse im deutschen Frauenhandball.
Es war Kerstin Wohlbold, die überragende Spielgestalterin des nun sechsmaligen deutschen Handballmeisters Thüringer HC, die eine ganze Saison in einem Satz zusammenfasste. "Finals spielt man nicht, Finals gewinnt man", sagte sie, und ihr Trainer Herbert Müller schob den zweiten Teil der Analyse nach: "Wir waren in den vergangenen Monaten nicht die qualitativ beste Mannschaft, aber wir haben diesen ganz besonderen Willen."
Besser kann man es nicht beschreiben, das Erfolgsgeheimnis des Thüringer HC, das ja eigentlich gar kein Geheimnis ist. Punktgleich waren der THC und der HC Leipzig in das letzte Saisonduell gegangen, das aufgrund der Tabellensituation Finalcharakter hatte - nach dem 31:20 (13:11) des THC starrten die Spielerinnen des HCL fassungslos ins Leere. Fast 35 Minuten lang hatten sie erfolgreich Paroli geboten, dann trudelten sie hilflos dem Debakel entgegen.
HCL von der Rolle
"Keine Spielerin hat in der zweiten Halbzeit ihr normales Niveau erreicht", sagte HCL-Manager Kay-Sven Hähner. Man habe zwar eine gute Saison gespielt, "aber hier und heute nicht im Ansatz die Leistung geboten, die nötig ist, um beim Thüringer HC gewinnen zu können". Seit fast vier Jahren ist der HCL gegen Thüringen ohne Sieg, wie das Kaninchen vor der Schlange, so erstarrten die prominenten Leipziger Namen auch am Samstag in Bad Langensalza vor einem zu allem entschlossenen Gegner.
Das Duell der beiden Erzrivalen war auch ein Vergleich der beiden Trainer. Auf der Bank des THC Herbert Müller, der Lautsprecher, der Motivator, der Fuchs, immer in der Lage, auf jede Wendung im Spiel zu reagieren. Auf der anderen Seite Norman Rentsch, der in der zweiten Halbzeit wie paralysiert schien, der das Experiment mit der siebten Feldspielerin einer verunsicherten Shenia Minevskaja überließ, anstatt auf die abgezocktere Karolina Kudlacz-Gloc zu setzen, der 60 Minuten lang an einer in Abwehr und Angriff indisponierten Saskia Lang festhielt.
Revanche im Pokal?
Die Machtverhältnisse im deutschen Frauenhandball sind nach dem Finale von Bad Langensalza mehr denn je zementiert, und das, obwohl der THC in der abgelaufenen Saison mehr denn je von Abgängen, Verletzungen und Erkrankungen gebeutelt war. Vor allem der Wechsel von Toptorjägerin und Abwehrchefin Nadja Nadgornaja nach Dortmund schmerzte, doch als es darauf ankam, ergriff die Österreicherin Beate Scheffknecht im linken Rückraum die Initiative. Alle für eine, eine für alle - das alte Motto der Musketiere führt beim THC immer wieder zum Erfolg.
Am kommenden Freitag schon hat Leipzig die Gelegenheit zur Revanche, dann stehen sich die beiden Mannschaften im Halbfinale des Final Four um den DHB-Pokal in der Leipziger Arena erneut gegenüber. "Es gilt, dieses Spiel schnell aus den Köpfen zu bekommen und den Fokus auf das Final Four zu legen", sagt Hähner. Beim THC gilt es, das Pokalspiel nach dem Triumph in der Meisterschaft überhaupt erst mal in die Köpfe reinzukriegen. "Damit", sagt Herbert Müller mit hörbar angeschlagener Feierstimme, "beschäftigen wir uns ab Dienstagabend."

















