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Giro-Anekdoten: Kampf um den letzten Platz

Charly Gaul bezwingt 1956 die Kälte der Dolomiten
Charly Gaul bezwingt 1956 die Kälte der Dolomiten
Foto: © getty, Keystone
06. Mai 2016, 10:54
sport.de
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Als erster der drei großen Radwettkämpfe der Saison startet an diesem Wochenende die 99. Ausgabe des "Corsa Rosa". Seit der Einführung im Jahr 1909 wimmelt es in den Tour-Chroniken nur von kleinen Geschichten und Anekdoten rund um den Giro. Sport.de stellt fünf davon vor:

1909 – Der Giro Numero Uno

Radsport in Italien hat lange Tradition. Nachdem die Tour de France 1903 durch die Sportzeitung "L’Auto" gegründet wurde, wollte man sich in Italien nicht lange bitten lassen. Im Jahr 1908 bekamen die Redakteure Costamagna, Morgagni und Cougnet der Sportzeitung "Gazzetta dello Sport" den Hinweis, dass die Tageszeitung "Corriere della Sera" ein ebensolches Prestigerennen organisieren wollte. In Mailand wollte man dem unbedingt zuvorkommen und handelte schnell.

Preisgelder wurden ausgesprochen, Sponsoren – unter anderem auch der Idee eigentlich beraubte Abendkurier – eingeholt, die 2.449 Kilometer lange Strecke festgelegt. Der Sieger des Rennens erhielt die "Maglia Rosa", das rosa Trikot, welches in Anlehnung an die Farbe der "Gazzetta dello Sport" dem Sieger übergeben wurde. Ein Mythos war geboren.

1930 – Zu gut für die Konkurrenz

In der Geschichte des Giros dürfen drei Sportler nicht unerwähnt bleiben. Eddy Merckx, Fausto Coppi und Alfredo Binda sind die einzigen, die den Giro ganze fünf Mal gewinnen konnten. Besonders kurios ist eine Anekdote um den letztgenannten, dem nach vier Siegen in fünf Jahren von Rennleiter Cougnet vor dem Giro d’Italia 1930 ein besonderes Angebot unterbreitet wurde.

Der Patron bot dem Rennfahrer satte 22.500 Lire, wenn dieser auf seine Teilnahme verzichtete, damit das Rennen endlich wieder spannend würde. Kein Problem für Binda, der das Angebot annahm und dafür andere Rennen erfolgreich bestritt und seinen fünften Titel im Jahr 1933 nachholte. Als Fausto Coppis Stunde in den 50er Jahren schlug, verdreifachte man gar die Prämie für den Zweitplatzierten, um einen Hauch von Spannung zu verbreiten.

1932 – Vom Pech verfolgt

Hermann Buse hätte es werden können. Als erster Deutscher hätte er 1932 den Giro gewinnen können, wäre da nicht die verflixte siebte Etappe gewesen. Die verlorene Zeit durch zwei zerplatzte Reifen konnte der Berliner mit Willenskraft wieder ausgleichen – die insgesamt fünf Reifenschäden waren aber selbst für ihn zu viel. Ohne Reifen musste er auf den Materialwagen warten, der eine halbe Ewigkeit bis zu Buse benötigte. Aus gutem Grund - denn auch der Wagen hatte eine Reifenpanne.

Buses Mitstreiter Kurt Stöpel fuhr nach der Pannenserie voraus und machte Zeit gut. Kurz vor der Zieleinfahrt der elften Etappe wurde das Spitzenfeld durch einen Zuschauer in einen Massensturz verwickelt, sodass Stöpel vor dem Etappensieg stand. In der äußerst undurchsichtigen und chaotischen Zieldurchfahrt hatte der Deutsche die Nase vorn, die Rennleitung sprach ihm aber lediglich den achten Platz zu. Am Ende des Giros kam Kurt Stöpel auf den sensationellen fünften Rang, aus deutscher Sicht bis heute unerreicht.

1949 – Das Rennen um den letzten Platz

Rosa ist aber keineswegs die einzige Farbe, die es während der Tour zu gewinnen gilt. Wahrlich kurios war die Einführung des schwarzen Trikots, das zwischen 1946 und 1951 vergeben wurde: Die "Maglia Nera" ging an den Letztplatzierten, ein skurriler Kampf entfachte fortan unter den eher weniger Begabten.

Beim Giro 1949 lieferte sich der Italiener Luigi Malabrocca einen heißen Zweikampf mit seinem Landsmann Sante Carollo, der nach der ersten Etappe bereits eine Stunde Rückstand auf den Ersten hatte. Malabrocca, sich in Bars, Scheunen und hinter Hecken versteckend, schindete Zeit wo er nur konnte. Bei seiner Ankunft im Etappenziel Monza war die Jury aber bereits zu Hause und hatte die Rennschnecke mit der Zeit des Hauptfeldes eingetragen – Carollo behielt das Trikot. Seither ist der Zweikampf in Italien Kult, 2006 wurde gar ein Theaterstück uraufgeführt, das die beiden Fahrer unvergessen macht.

1956 – Zähneklappernd zum Sieg

Der Luxemburger Charly Gaul wird wohl für immer in den Herzen der Giro-Fans bleiben. Der damals 23-jährige ging zwar nicht als Favorit in den Giro 1956, war aber schon damals als exzellenter Bergfahrer und harter Hund bekannt: "Er hat die Haut eines Nilpferds", sagte ihm einst der Franzose Raphaël Geminiani nach.

Vor der Etappe in den Dolomiten hatte Gaul 16 Minuten Rückstand und startete als 24. in das Rennen. Als das Wetter in der Höhe schließlich umschlug und sich die Konkurrenz in Berghütten vor der Kälte schützte, trotzte Gaul dem Frost. Dem Luxemburger, die Hände und Füße blau vor Kälte, musste man im Ziel gar die Hose aufschneiden, um ihn nicht ernsthaft zu verletzen. Zwei Tage durfte er sich schließlich ins Rosa Trikot hüllen.

Gerrit Kleiböhmer

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