Britta Heidemann hat keine Chance mehr auf die Olympiateilnahme - ein schwerer Schlag für den gesamten deutschen Fechtsport. Ob die Peking-Olympiasiegerin ihre Karriere fortsetzt, ist ungewiss.
Die erste Reise nach ihrem Olympia-Aus könnte für Fecht-Star Britta Heidemann wohl kein unglücklicheres Ziel haben. Nur wenige Tage nach dem Scheitern bei ihrer letzten Qualifikationschance steht am kommenden Wochenende der olympische Testwettkampf auf dem Programm. In Rio de Janeiro, ausgerechnet. Dort wird ihr noch einmal schmerzhaft vor Augen geführt, was sie im August verpassen wird.
Zu einer überstürzten Rücktrittsankündigung ließ sich die Degen-Olympiasiegerin von Peking zwar auch im Moment der Niederlage nicht hinreißen, doch wann und ob überhaupt die 33-Jährige ihre Karriere weiter fortsetzt, ist ungewiss. Nicht nur wegen der chronisch entzündeten Achillessehne, die sie zu einer "langen Pause" zwingen wird. Eins steht allerdings fest: Einen großen Abschied auf der olympischen Bühne wird es für das Aushängeschild des deutschen Fechtens nicht geben.
Plan gescheitert
"Eigentlich war der Plan von uns tatsächlich, dass sie bis zu den Olympischen Spielen in Rio ficht. Jetzt wird sie wahrscheinlich zwar aus unterschiedlichen Gründen beim Weltcup am kommenden Wochenende noch starten", sagte ihr langjähriger Trainer Manfred Kaspar: "Ob sie danach den Degen aber noch mal wettkampfmäßig in die Hand nimmt, ist zumindest von meiner Seite aus mit einem großen Fragezeichen versehen."
Weitere spektakuläre Auftritt auf der olympischen Planche wird es jedenfalls nicht geben. So wie 2008 beim Olympiasieg in Peking, der auf einen wochenlangen Streit mit ihrer Teamkollegin Imke Duplitzer über das Gastgeberland folgte. So wie 2012, als ihr dramatisches Halbfinal-Duell gegen Shin A Lam zu einem der Momente der Spiele wurden. Die Bilder der auf der Planche weinenden Südkoreanerinnen gingen um die Welt.
Alles erreicht
Sportliche Ziele sind es nicht mehr, die Heidemann nach der Auszeit reizen dürften, höchstens vielleicht noch einmal ein gebührender Abschied. Denn gewonnen hat Heidemann in ihrer Karriere alles, was es im Fechtsport zu gewinnen gibt. 2007 WM-Gold, 2008 der Olympiasieg, 2009 triumphierte sie zudem bei der EM: Alle drei großen Titel gehörten zu diesem Zeitpunkt ihr. Zudem holte sie 2004 Olympia-Silber im Team, vor vier Jahren noch einmal Silber im Einzel. Insgesamt elfmal stand sie bei einer WM auf dem Podest.
Erst einmal zieht Heidemann in den Wahlkampf. Auch wenn der nicht so heißen und die Leverkusenerin noch nicht darüber sprechen darf. Während der Spiele in Rio will sie in die Athletenkommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) einziehen. Zumindest als Funktionärin könnte sie dem Sport erhalten bleiben. Wohnen wird sie während der Spiele: im olympischen Dorf.
Wie geht es weiter im deutschen Fechten?
Die Zukunft des deutschen Fechtens ist nach dem schwarzen Wochenende von Prag dagegen noch düsterer geworden. Mit gerade einmal vier Athleten fährt der Deutsche Fechter-Bund nach Rio. Das kleinste Team seit 60 Jahren. Neben Heidemann scheiterten auch Säbelfechterin Anna Limbach und Degenspezialist Jörg Fiedler. Die Stimmung im deutschen Lager ist auf dem Nullpunkt.
Besonders das Aus Heidemanns traf den Verband schwer. "Britta ist ganz klar das Aushängeschild. Sie ist medial der Anziehungspunkt schlechthin", sagte Verbandspräsident Dieter Lammer: "Ihr Fehlen ist sicherlich von größerer Bedeutung."
Ein bis zwei Olympia-Medaillen war die Zielsetzung der deutschen Fechter - vor der Qualifikation im vergangenen Jahr. Offiziell abrücken wollte davon niemand, doch die Aufgabe mit dem kleinen Aufgebot zu erfüllen, ist noch schwieriger geworden. Dabei könnte der DFeB alle Argumente gebrauchen, nach Rio folgt der Umbruch. Doch die Befürchtungen, bei einem Misserfolg weniger finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt zu bekommen, ist allgegenwärtig.
