Die Tragödie um Jules Bianchi brachte der Formel 1 im Sommer 2015 ihren ersten Todesfall seit mehr als 21 Jahren. Der internationale Motorsport reagierte schockiert - und will auch aus dem Schicksal des Franzosen lernen.
285 Tage hatte die Motorsport-Welt um Jules Bianchi gebangt, zunehmend zweifelnd auf ein medizinisches Wunder gehofft. Doch im Juli dieses Jahres endete der lange Kampf des Formel-1-Piloten. Und all die Bestürzung über den tragischen Unfall, all die Trauer um den erst 25-Jährigen entlud sich noch einmal im Rahmen der Beisetzung in der Altstadt von Nizza.
Gestandene Formel-1-Fahrer ließen dort ihren Tränen freien Lauf, Sebastian Vettel und fünf weitere Kollegen trugen Bianchis Sarg mit seinem Helm darauf zu melancholischen Klängen aus der Kathedrale. Die Erinnerung an den jungen Mann, der im kommenden Jahr wohl Vettels Teamkollege bei Ferrari geworden wäre, sind gerade kurz vor Weihnachten lebendig wie eh und je.
Der Slogan "ForzaJules" wurde zum geflügelten Wort rund um die Formel 1, der Automobil-Weltverband FIA beschloss, Bianchis Startnummer 17 in der Königsklasse nicht mehr zu vergeben. Und fortlaufend erinnern Piloten wie der Spanier Fernando Alonso an ihren Freund und Kollegen.
"So etwas nie wieder passieren lassen"
Sein Vermächtnis wird den Motorsport ohnehin verändern. Schon wenige Stunden nach Bianchis Tod mischte sich in die tiefe Trauer ein Versprechen, ausgesprochen auch von Bernie Ecclestone, dem Chef der Königsklasse. "Wir dürfen so etwas nie wieder passieren lassen", sagte der 84-Jährige. Das tragische Schicksal Bianchis, der am 18. Juli und damit neun Monate nach dem Unfall beim Großen Preis von Japan seinen Kopf-Verletzungen erlag, soll auch ein Mahnmal sein.
"In Zeiten wie diesen werden wir auf brutale Weise daran erinnert, wie gefährlich der Rennsport noch immer ist", teilte die Fahrergewerkschaft GPDA um den viermaligen Weltmeister Vettel mit. Trotz all der Verbesserungen in Bezug auf die Sicherheit "schulden wir es allen Verstorbenen, Jules, seiner Familie und seinen Freunden, bei der Arbeit für mehr Sicherheit niemals nachzulassen".
21 Jahre ohne Todesfall
Bis zum Tod Bianchis hatte die Formel 1 seit mehr als 21 Jahren keinen ihrer Piloten mehr an einem Rennwochenende verloren. Zwei denkwürdige Tage 1994 in Imola, als Roland Ratzenberger und Ayrton Senna starben, hatten vieles verändert.
Fortan lernte die Formel 1 aus jedem schwereren Unfall, Autos, Overalls, Helme und Rennstrecken wurden weiterentwickelt. Unvorstellbar ist mittlerweile die Situation der Sechziger und Siebziger Jahre. Die Autos waren damals immer leichter und schneller geworden, die Sicherheit hatte dabei kaum eine Rolle gespielt.
"Ein Rennfahrer zu sein, bedeutete damals, dass man nicht die Möglichkeit, sondern die hohe Wahrscheinlichkeit des Todes akzeptieren musste", beschrieb der dreimalige Weltmeister Sir Jackie Stewart den damaligen Alltag: "Wenn ein Formel-1-Fahrer fünf Jahre im Cockpit saß, dann starb er eher auf der Strecke, als dass er überlebte und sich zur Ruhe setzte."
Vierzig Jahre später ist die Königsklasse so sicher wie nie zuvor, und auch Bianchis Unfall hatte bereits Einfluss auf die Sicherheitsbestimmungen. So werden Geschwindigkeitsbegrenzungen in Gefahrensituationen mittlerweile mit einem virtuellen Safety Car umgesetzt. Schwere Unfallfolgen werden in Zukunft noch unwahrscheinlicher sein. Ausschließen kann man sie wohl nie.

