Auch eine eher dürftige Vorstellung reichte Luke Littler, um die zweite Runde der Darts-WM 2026 gegen den walisischen Außenseiter David Davies zu überstehen. In Runde drei wartet mit Mensur Suljovic am Samstag ein Gegner, der das Potential hat, den 18-jährigen Ausnahmekönner so richtig zu ärgern.
Platz 60 gegen Platz 1 in der Order of Merit, einer vs. neun PDC-Major-Titel und ein Average im Jahr 2025 von 91,80 im Vergleich zu einem über 100: Die Rollen im Drittrunden-Duell zwischen Luke Littler und Mensur Suljovic bei der Darts-WM sind auf dem Papier ganz klar verteilt.
Doch der Österreicher, der - so dachte man zumindest - seine besten Zeiten schon lange hinter sich hat, präsentiert sich bei der Weltmeisterschaft von seiner besten Seite - zumindest sportlich.
Am Oche hinterließ "The Gentle" zum Auftakt gegen David Cameron und danach gegen den favorisierten Joe Cullen einen durchweg positiven Eindruck.
Bei der Partie gegen den Engländern sorgte der Österreicher mit skurrilen Jubel-Orgien nach gewonnen Legs für Aufsehen. Das Fass zum Überlaufen brachte er, als er seinem unterlegenen Gegner wie ein Honigkuchenpferd grinsend noch auf der Bühne um den Hals fallen wollte.
Wie ein "Gentleman" benahm sich der Routinier aus der Alpenrepublik im Duell gegen den 36-Jährigen, der sich nach dem Zwischenfall auf der Bühne und auch anschließend auf der Pressekonferenz über seinen Gegenüber heftig ausließ, keineswegs.
Während Cullen meinte, Suljovic hätte weit über das Ziel hinaus geschossen - er sprach gar von "Betrug" -, erkennen andere Profis und Spieler darin nur einen Schachzug an der Grenze zur Regelüberschreitung.
Darts-WM 2026: Wird Suljovic zur Gefahr für Luke Littler?
Auch diese Psychospielchen sind es, die Suljovic nach dem erfolgreichen Testlauf gegen Cullen auch von einem Coup gegen Littler träumen lassen. Gepaart mit dem Wissen, dass er "nur" vier Sätze (oder zwölf Legs) gegen den englischen Überflieger gewinnen muss, hat der Österreicher die vielleicht letzte echte Chance, eine Titelverteidigung Littlers zu verhindern.
Denn, da waren sich bereits vor dem Beginn der Darts-WM alle Experten einig: Ein Littler in Normalform ist nur in den ersten Runden zu bezwingen - auch wenn die Gegner dort naturgemäß eher keine dicken Brocken sind.
Aber den amtierenden Titelträger über fünf, sechs oder sieben Gewinnsätze zu schlagen? Nahezu undenkbar! Womöglich selbst für die Elite um Luke Humphries, Michael van Gerwen und Co.
Schon Darius Labanauskas, der wie Suljovic einen eher ruhigen und langsamen Rhythmus auf die Bühne bringt, war zugetraut worden, "The Nuke" ordentlich ärgern zu können. Der litauische Außenseiter machte seine Sache in Runde eins auch gar nicht so verkehrt, verpasste es jedoch, wie auch Davies später, seine Chancen zu nutzen.
Spielt Suljovic wie bei seinen ersten beiden Auftritten im Ally Pally in diesem Jahr, dann wird er seine Möglichkeiten auch bekommen. Nutzt er sie, wird Littler - das ist so sicher wie das Amen in der Kirche - die eine oder andere Provokation auf der Bühne über sich ergehen lassen müssen - auch, wenn der Darts-Dominator schon betonte, auf diese Spielchen seines Gegners vorbereitet zu sein.
Luke Littler rechnet mit "dem Schlimmsten"
"Wenn er das gegen mich macht und länger braucht, muss ich einfach auf ihn warten, bevor ich meine Darts werfe", sagte Littler über mögliche Psychospielchen Suljovics. Er rechne einfach mit "dem Schlimmsten. Und wenn es nicht so schlimm wird, wie ich denke, bin ich glücklich", so Littler.
Aber auch Suljovic sollte gewarnt sein: Dass ein sich provoziert fühlender Littler al NOCH besser spielen kann, als ohnehin schon, müsste jüngst Ricardo Pietreczko bei den Players Championship Finals am eigenen Leib erfahren.
"Als ich zum 5:5 ausgeglichen habe, kam er zu mir und sagte: 'Ich wollte eigentlich nur ein Leg gewinnen und jetzt habe ich sogar fünf gewonnen'", erzählte Littler nach der Partie: "Ich habe nur zu mir selbst gesagt: Warum sagt er sowas in diesem Moment?" Anschließend habe er sich vorgenommen: "Das wirst du jetzt zu spüren bekommen. Dieses Spiel werde ich auf jeden Fall gewinnen und so ist es ja auch gekommen."
Littler antwortete auf seine eigene Art und Weise, ließ Pietreczko in der Folge kaum eine Chance. Auch etwas "Show und Prahlerei" baute er in sein Spiel ein, das er danach in kürzester Zeit über die Ziellinie brachte.
Spätestens seitdem ist klar: Littler ärgern zu wollen, ist immer ein Spiel mit dem Feuer.
Versuchen muss es der Außenseiter dennoch. Und sollte Littler gegen ihn nicht stolpern, wäre der Weg bis ins Halbfinale beinahe frei.
Das jüngste WM-Favoritensterben hätte zur Folge, dass die Nummer eins der Darts-Welt bis zur Runde der letzten Vier auf keinen Top-15-Spieler mehr treffen kann.


