Die deutschen Skispringer haben das letzte Weltcup-Wochenende vor der prestigeträchtigen Vierschanzentournee hinter sich. DSV-Hoffnung Felix Hoffmann zeigte in Engelberg gute Leistungen, an die er nun anknüpfen will, wie er in seiner Kolumne für sport.de betont.
Die Fahrt von Bad Endorf nach Stephanskirchen mutiert zur Weltreise: Stop and Go in einer nicht enden wollenden Autoschlange. Skispringen ist einfacher als Autofahren: man wird abgelassen und hat einen freien Flug ohne Gegenverkehr.
Die Schweizer Schanzen in Engelberg waren gestern, heute kämpfe ich mich zu einem bayerischen Baumarkt durch, bevor ich diverse Weihnachtserledigungen tätigen muss. Meine Frau und ich haben eine gemeinsame Online-To-Do-Liste, die mir sofort Orientierung gibt, sobald ich vom Weltcup zu Hause bin, was sie in meiner Abwesenheit geschafft hat und wo ich sofort den Stab übernehmen kann - moderne Instrumente, die man als Eltern eines dreizehn Monate alten und mittlerweile laufenden Wirbelwinds und frische Eigenheimbesitzer nicht missen möchte.
Auf Grund dieser Liste war ich am Weltcupwochenende schon bestens auf das vorbereitet, was mich nach dem Weltcup erwartet.
"Ergebnistechnisch geht es kaum besser"
Zwischen Pressegesprächen am Samstagvormittag und dem ersten Wettkampf habe ich dann online beim Baumarkt bestellt: Fugenmasse, Klarlack, Stecker. Mit dem Gefühl für die Vorbereitungen der wöchentlichen Alltagsarbeit auf Stand zu sein, gelang der Wettkampf gut: 2. Platz. Die Schanze, die ich sehr mag, war dann auch wirklich mein Freund: zwei Siege in der Qualifikation, zwei Podestplätze im Wettkampf - ergebnistechnisch geht es kaum besser und macht mich sehr zufrieden.
Auch die Fahrt von Engelberg über Dornbirn und München verging wie im Flug. Kurz nach Mitternacht öffnete mir meine Frau die Haustür - kurzer gemeinsamer Rückblick auf die sportlichen Highlights vom Wochenende, kurzes Update über Entwicklungsschritte der Tochter. Zwei Tage können die Welt verändern und dann ging es an die Wochenplanung mit dem Schlussspurt auf Weihnachten.
Lautes Hupen in der Schlange, noch 300 Meter bis zum Baumarkt, es geht kein Stück voran, ich mache den Motor einfach mal aus - also nochmal vom Balken runter. Was dort zu viel Wind bedeutet, bedeutet auf der Erde zu viele Autos. Skispringen verschafft einem persönlich auch Gelassenheit in Alltagsschwierigkeiten.
Ich freue mich auf den Moment, wenn Heiligabend bei uns zu Hause die Tür zugeht und wir mit unserer Tochter die Ruhe genießen werden. Nach den turbulenten Reisen durch ganz Europa und meinen konstant guten Sprüngen und Platzierungen und den dann einsetzenden Medienrummel ist nun genau der richtige Zeitpunkt, etwas Ruhe zu haben, Zeit zu haben, um das unmittelbar Vergangene in Ruhe Revue passiere zu lassen und Kraft zu schöpfen für das erste, "traditionelle" Highlight der Saison, für die Vierschanzentournee.
In der Ruhe liegt die Kraft und das Einzige, was ich mir verordnet habe, ist, bei mir zu bleiben. Ich möchte so gut springen, wie es geht- nicht mehr und nicht weniger. Die Schlange beginnt sich aufzulösen, also Fugenmasse, Klarlack und Stecker. Volle Konzentration auf das, was vor einem liegt!
Herzliche Grüße
Felix Hoffmann

