Noch vor wenigen Wochen lehrten die Indianapolis Colts in der NFL ihren Gegnern regelmäßig das Fürchten. Gerade die Offensive mit Daniel Jones pflügte nur so durch die Liga. Doch wer hoch fliegt, der kann auch tief fallen.
Die Saison des einstigen Teams der Stunde hängt am seidenen Faden. Wenn die Indianapolis Colts am Sonntag (ab 19 Uhr bei RTL) auf die Jacksonville Jaguars treffen, wird es eine richtungsweisende Partie. Die Colts müssen die Talfahrt stoppen, um die sicher geglaubten Playoffs nicht doch noch zu verpassen. Gründe für den Absturz gibt es einige, der Ursprung ist jedoch oftmals derselbe.
Saison-Start der Extra-Klasse
In den ersten Wochen der Saison legten die Indianapolis Colts den eigenen Maßstab immer höher und höher und das, obwohl viele Experten das Team vor der Saison sicherlich nicht zu den Top-Teams gezählt hatten.
Vor allem die Quarterback-Position war vielen ein Dorn im Auge. Man holte den in New York gescheiterten Daniel Jones als Konkurrenz für Anthony Richardson, der in den letzten Jahren an seiner NFL-Tauglichkeit zweifeln ließ.
Jones gewann das Starter-Duell und lieferte zum Saison-Start starke Zahlen. In den drei Spielen brachte er es auf sechs Total Touchdowns und keine Interception. Unter ihm gelang den Colts erstmals ein 3-0-Start ohne Turnover. Zudem war Jones der erste QB in der Super-Bowl-Ära, der in den ersten drei Saisonspielen drei Passing Touchdowns, drei Rushing Touchdowns und das ohne Turnover aufweisen konnte.
Zwar leisteten sich die Colts und auch Daniel Jones (2 Interceptions) in Woche vier einen Ausrutscher gegen die Los Angeles Rams, doch im Anschluss marschierte Indy zu einem 7-1-Start in die Saison. Dabei erzielte man im Schnitt überragende 33,75 Punkte pro Spiel.

O-Line mit Problemen - Run Game lahmt
Neben einem stark spielenden Jones überzeugte dabei allen voran Running Back Jonathan Taylor. Dieser erzielte in den ersten acht Wochen 12 Touchdowns und erzielte in jedem Spiel mindestens 85 Yards from Scrimmage.
Unter diesem Wert blieb Taylor in den letzten vier Spielen gleich zwei Mal, drei Mal sogar blieb er ohne Touchdown. Die herausragende Ausnahme: Das Berlin Game, als der Running Back mit 244 Rushing Yards, 42 Receiving Yards und drei Touchdowns die Atlanta Falcons im Alleingang überrannte.
Grund dafür ist unter anderem die Offensive Line. Quenton Nelson, Bernhard Raimann und Co. konnten in den letzten Wochen nicht restlos überzeugen. In Woche Zwölf gegen die Chiefs beispielsweise bewertete "PFF" Nelsons Run Blocking mit 47,9. Sein mit Abstand schlechtester Wert in der laufenden Saison.
Und Nelson ist nicht alleine. Die gesamte Offensive Line hatte in den letzten Wochen immer wieder Probleme.
Die Folgen für das Passing Game
Die Sorgen im Run Game ziehen derweil einen langen Rattenschwanz hinter sich her. Das Spiel der Colts lebte in der ersten Saisonhälfte davon, dass man die Gegner über den Lauf beherrschte. Mittlerweile ist dem nicht mehr so. Dadurch entstehen immer wieder längere Distanzen bei späteren Downs, was Daniel Jones dazu zwingt, selbst das Spiel in die Hand zu nehmen.
In der Anfangsphase der Saison war Jones lediglich der (gute) Steuermann einer Offense, die die Basis über den Lauf legte und immer wieder gute Plays im Passspiel machen konnte, weil das Playbook bei kurzer Yardage weit offen war.
Zudem spielen die Colts sehr gerne Play Action und man muss kein Experte sein, um zu wissen, dass Play Action am besten funktioniert, wenn der Lauf eine große Gefahr für die Defenses darstellt. Die Gefahr über den Lauf wurde bei den Colts zuletzt geringer, die Play-Action-Quote jedoch nicht. Gegen die Chiefs in Woche 12 spielte man in 40,6 Prozent der Passing Plays Play Action, hatte aber gleichzeitig nur 3,9 Yards im Schnitt pro Lauf.
Erschwerend kommt hinzu, dass Daniel Jones sich aktuell mit einer Fraktur im Unterschenkel herumschlägt. Die Verletzung soll nicht sonderlich groß sein und auch von alleine wieder heilen, eine Einschränkung stellt sie allerdings allemal dar. Zumal Daniel Jones in gewissen Momenten durchaus auch athletische Plays zeigte, die ihm momentan eher abgehen.
Täuschte der leichte Schedule?
Zur Wahrheit gehört auch, dass die Colts in der ersten Saisonhälfte einen deutlich leichteren Schedule hatten, als in den letzten Wochen. Mit den Broncos und den Chargers traf man in den ersten acht Wochen nur auf zwei Teams mit einem aktuell positiven Record. Auch eine richtig starke Defensive Front hatte mit Ausnahme der Broncos keiner dieser Gegner.
In den letzten vier Wochen hagelte es drei Niederlagen gegen die Steelers, Chiefs und die Texans. Einen negativen Record hat keines dieser Teams, dafür aber eine starke Defensive Front.
Die Vermutung liegt deshalb nahe, dass der Saisonstart der Colts ein wenig über die eigentliche Leistungsfähigkeit hinwegtäuscht.
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Playoff-Einzug in Gefahr
Das Problem aus Sicht der Colts? Leichter wird der Schedule in den kommenden Wochen nicht. Im Gegenteil! Es geht bis zum Saisonende noch zwei Mal gegen die Jaguars (8-4), gegen die Seattle Seahawks (9-3), gegen die 49ers (9-4) und gegen die Texans (7-5).
Mit der Niederlage in Houston verloren die Colts am vergangenen Sonntag bereits die Spitze in der AFC South an die Jacksonville Jaguars. Sollte man beim Duell gegen selbige am kommenden Sonntag den Kürzeren ziehen, stände man vor den Duellen gegen die Seahawks und Niners bereits mit dem Rücken zur Wand.
Aktuell beziffert "NextGenStats" die Playoff-Chancen der Colts auf 71%. Eine Zahl, die ob der genannten Probleme und des restlichen Schedules durchaus optimistisch erscheint.




































