Woche 13 ist samt Thanksgiving nahezu abgeschlossen und lieferte uns gerade am Feiertag einige spannende Storylines. Die Chiefs verbreiten keine Angst mehr, die Cowboys muss man ernst nehmen und die Lions bekamen einen Geschmack von ihrer eigenen Medizin.
sport.de-Redakteur Marcus Blumberg nennt an jedem Montag seine Erkenntnisse der NFL-Woche.
Die Chiefs sind nicht mehr furchteinflößend
So unterhaltsam das Gastspiel der Kansas City Chiefs bei den Dallas Cowboys an Thanksgiving (28:31) auch war, so bedenklich war die Vorstellung einmal mehr für den amtierenden AFC-Champion. Erneut wurde deutlich, dass die Chiefs gravierende Schwächen haben, die gegen gute Teams – dazu gleich mehr – nur schwer zu überwinden sind. Die Offensive Line ist nicht stabil, während die Defense gerade bei 3rd Down nicht vom Platz kommt und kaum für Pressure sorgt, wenn sie nicht gerade exotisch blitzt.
Patrick Mahomes hat es nach dem Spiel treffend formuliert: "Wir können jeden schlagen, aber wir haben auch gezeigt, dass wir gegen jeden verlieren können." Exakt!
Schaut man auf die Saisonstatistik, dann sind die Chiefs sogar sehr gut, was Pass Protection angeht. Laut "Next Gen Stats" lassen sie nur eine Pressure Rate von 26,3 Prozent (110 Pressures) zu, was Rang 2 in der Liga ist. Die Wahrheit ist aber auch, dass Mahomes den Ball sehr schnell loswird (2,75 Sekunden im Schnitt pro Pass, Rang 9). Und er scrambelt häufig, womit er ebenfalls Pressure entgeht.
Die O-Line, die vermutlich den Rest der Saison auf Left Tackle Josh Simmons verzichten muss, während Right Guard Trey Smith und Right Tackle Jawaan Taylor auch verletzt sind, sieht also statistisch dank Mahomes besser aus. Das gilt generell für die Stückwerk-Offense der Chiefs, die derzeit wenig kohärent wirkt und immer mehr den Anschein erweckt, als ob das Grundprinzip daraus besteht, dass Mahomes "irgendwas" macht. Das kann funktionieren, muss aber nicht – schon gar nicht gegen fähige Gegner.
Gegen die Cowboys wurde zudem deutlich, dass das Receiving Corps der Chiefs gar nicht mal so gut ist. Zwei der drei Sacks, die Mahomes kassierte, waren Coverage Sacks. Die derzeit überraschend gute Secondary der Cowboys klebte so lange an den Receivern, dass Mahomes den Ball zu lange hielt und zudem nicht aus der Pocket kam, um auf dem Boden für Gefahr zu sorgen. Das Ergebnis waren besagte Sacks.
Mehr noch: 15 der 17 Pressures gegen ihn kamen, ohne dass die Cowboys blitzen mussten. Und sie selbst sind eigentlich nicht für ihren individuell starken Pass Rush bekannt – abgesehen von Neuzugang Quinnen Williams.
Defensiv kam hinzu, dass die Chiefs keinen Sack (16 Pressures) erzielt haben und vor allem bei 3rd Down kaum mal vom Feld kamen. Sie waren in der Situation nur 9/16, was so manchen Stopp verhinderte. Sie kommen nicht vom Feld in der Defense und sind offensiv nicht mehr unaufhaltsam. Sie stehen bei 6-6, können sich nicht mehr allzu viel erlauben und haben noch ein paar heftige Gegner (Texans, Chargers, Broncos) auf dem Plan, während man schon ordentlichen Rückstand auf die Wild-Card-Ränge hat. Eine Playoff-Teilnahme ist nach Woche 13 noch nicht aussichtslos, aber die Chancen schwinden derzeit merklich.
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Die Cowboys sind legit!
Auf der anderen Seite stehen die Dallas Cowboys, die man eigentlich schon hätte abschreiben können. Ihre Offense war von Anfang an gut bis überragend, doch die Defense war womöglich die schlechteste der Liga. Doch das war einmal! Diese Defense ist nun ein echter Faktor. Das Spiel gegen die Chiefs unterstrich dies.
Die Cowboys stoppen mittlerweile den Run, wenn es zählt. Bei 3rd Down hielten sie die Chiefs bei 5/13 und schafften besagte drei Sacks gegen Mahomes. Zwei davon gingen auf Jadeveon Clowney, der nach sehr guter Coverage der Secondary mit Verzögerung zu Mahomes durchgedrungen war. Insgesamt brachte es das Team auf 17 Pressures (laut "PFF") gegen Mahomes. Bester Mann dabei: Quinnen Williams, der durch die Mitte auf sechs Pressures kam. Zudem hatten die Cowboys neun Quarterback-Hits, sie setzten Mahomes also richtig zu.
Dass der dennoch vier Touchdown-Pässe warf, lag in der Natur der Sache. Doch es reichte nicht, eben weil die Defense genügend Stopps machte. Insgesamt punteten die Chiefs fünfmal, was auch eine Leistung ist.
Den Rest besorgte dann die Offense, die aber ohnehin nie das Problem der Cowboys war. Nachdem in den vergangenen Wochen meist George Pickens überragte, war dieses Mal wieder CeeDee Lamb der Star mit sieben Receptions für 112 Yards und einem Touchdown. Die Cowboys haben zwei Nummer-1-Receiver, wenn man so will. Entsprechend können sie in Shootouts nun bestehen, denn die Defense ist inzwischen mindestens respektabel.
Das führt nun dazu, dass die Cowboys, die eigentlich aussichtslos dastanden, plötzlich ein Faktor sind. Sie (6-5-1) liegen nur noch eine Niederlage hinter den Eagles (8-4), und jene Eagles stehen sich derzeit massiv selbst im Weg mit ihrer merkwürdigen und weiterhin zusammenhanglosen Offense. Entscheidend für die Cowboys wird nun das kommende Gastspiel bei den Detroit Lions am kommenden Donnerstag. Detroit ist angeschlagen, sodass auch hier ein Erfolg nicht ausgeschlossen ist. Und wenn man das gewinnt, dann wäre das Restprogramm überschaubar (Vikings, Chargers, Commanders, Giants).
Ich hätte es nicht für möglich gehalten, doch das Rennen in der NFC East ist noch offen, und die Cowboys gehen mit Rückenwind in den Schlussspurt.
Packers schlagen Lions mit eigenen Waffen
Wer hier Erkenntnisse aus den Sonntagsspielen erwartet, wird leider enttäuscht, denn das war wohl einer der schwächeren NFL-Sonntage der jüngeren Vergangenheit. Die große Action fand bereits am Donnerstag und Freitag statt.
Und schon im ersten Thanksgiving Game ging es richtig rund. Die Green Bay Packers schafften einen Season-Sweep gegen die Detroit Lions durch einen 31:24-Erfolg im Ford Field. Doch was sich recht deutlich liest, war eine ganz enge Kiste. Beide Teams hatten je 60 Offensiv-Plays, die Packers brachten es auf 359 Total Yards, die Lions auf 352. Es gab keine Turnovers, und selbst bei den First Downs war man fast auf Augenhöhe – hier lagen die Lions sogar 20:18 vorne, ebenso bei der Effizienz bei 3rd Down: Die Lions waren 8/13, die Packers nur 6/12.
Wie genau haben die Packers dieses Spiel also am Ende gewonnen? Durch Penalties? Nein, denn beide spielten recht saubere Partien. Die Packers hatten nur drei akzeptierte Strafen für 20 Yards, die Lions fünf für 22 Yards. Was war also der Unterschied? Ausgerechnet Dan Campbells Paradedisziplin: 4th Downs!
Die Packers haben die Lions bei zwei vierten Versuchen gestoppt. Die Lions jedoch mussten mitansehen, wie die Packers gleich bei drei 4th Downs erfolgreich waren. Und wie! Die ersten zwei 4th Downs der Packers resultierten jeweils in Touchdowns, die zur Pausenführung der Gäste führten.
Die Packers schlugen die Lions also gewissermaßen mit ihrer eigenen größten Waffe.
Man muss natürlich erwähnen, dass die Lions zahlreiche Ausfälle verkraften mussten und dann früh im Spiel auch noch Amon-Ra St. Brown mit einer Knöchelverletzung verloren. Und dennoch blieben sie bis zum Ende im Spiel, was eine Leistung für sich ist gegen einen so starken Gegner.
Die NFC North bleibt hart umkämpft, doch diese Niederlage könnte die Lions bereits die Chance auf eine Titelverteidigung in dieser Division gekostet haben. Eine Wild Card sollte aber weiterhin drin sein. Und wenn dann im Januar der eine oder andere fehlende Leistungsträger zurück ist, wären sie ein äußerst unangenehmer Gegner für jeden - auch auswärts.

Heftige Kritik an Eagles geht am Thema vorbei
Haben die Eagles heftige Kritik für ihre Vorstellung gegen die Bears am Black Friday – und die vorangegangene Pleite in Dallas – absolut verdient? Aber ja, natürlich! Doch viel zu viel Zeit und Energie wurde gefühlt in die Entscheidung von Nick Sirianni investiert, nach dem Touchdown im vierten Viertel von A.J. Brown auf Two-Point Conversion zu gehen und nicht etwa, wie wir’s schon immer gemacht haben, mit neun Punkten Rückstand den Extrapunkt zu treten, um 3:10 Minuten vor Schluss die Hoffnung am Leben zu halten.
Was ein Unsinn! Wir sind im Jahr 2025 und immer noch verstehen viel zu wenige Leute, wie Football funktioniert und vor allem heutzutage gespielt werden sollte. Die Idee hier ist recht klar: Du hast neun Punkte Rückstand mit nur noch wenig Zeit. Du brauchst in dieser Situation also in jedem Fall noch eine Two-Point Conversion. Warum diese nicht jetzt schon versuchen?
Schlimmstenfalls weiß man danach nämlich schon, ob man noch zwei weitere Scores braucht oder im Erfolgsfall nur noch einen. Und genau das ist der Grund, warum Sirianni schon dann auf zwei Punkte ging. Hätte er den Extrapunkt getreten, hätte man zwar noch einen weiteren Touchdown gebraucht, danach aber auf jeden Fall eine Two-Point Conversion. Wäre die misslungen, wäre vermutlich anschließend ohnehin nicht genug Zeit gewesen, danach noch einmal zu punkten, weil man eben nicht mit der letzten Dringlichkeit agiert hätte, um noch zweimal zu punkten. Man wäre ja von einem One-Score-Game ausgegangen, was eben womöglich eine falsche Annahme gewesen wäre.
So wie es Sirianni gemacht hat, hatte er in dem Moment schon alle wichtigen Informationen für den weiteren Spielverlauf. Es hat nicht zum Erfolg geführt, doch darf der Ausgang in dieser ganzen Diskussion auch einfach keine Rolle spielen. Es geht hier um den Prozess, der unabhängig vom Ergebnis gut war. Man will so viele Informationen wie möglich haben, um im Zweifel die richtigen Entscheidungen zu treffen. Und genau das hat man gemacht.
Was man derweil auf jeden Fall kritisieren kann, ist etwa der Spielzug bei der Two-Point Conversion. Oder die Entscheidung von Jalen Hurts, in dieser Situation nicht zu A.J. Brown zu werfen, der ein Eins-gegen-eins-Duell außen hatte. Eigentlich ist das ein automatischer Pass zum Top-Receiver.
Eagles: Die Offense bleibt ein Ärgernis
Genauso darf man einmal mehr kritisieren, wie behäbig diese Offense aussah. Zu viele Route-Konzepte machen keinen Sinn. Zu oft sind Pässe aussichtslos, weil das Spacing meist suboptimal ist und weil man keine Anstalten macht, die Receiver auch mal via Scheme sozusagen freizustellen. Und Runs sind weiter zu berechenbar. Es wird vor allem aus der Shotgun gespielt und gelaufen. Gegner durchschauen das. Es ist alles zu altbacken. Es gibt kaum Motion, es wird kaum Play Action gespielt (20,6 Prozent der Dropbacks in diesem Spiel). Es gibt zu wenige Plays von under Center, was auch helfen würde, das Run Game zu stärken, das in diesem Jahr einfach nicht so richtig in Schwung zu kommen scheint. Play Action wäre damit auch überzeugender.
Die Formationen sind meist viel zu breit aufgestellt, was dazu führt, dass Defenses klare Angriffspunkte haben. Ein Scout schrieb kürzlich auf X, dass die Eagles unter Offensive Coordinator Kevin Patullo im Grunde nichts machen, was moderne Offenses modern macht. Das mag nicht unbedingt schlecht sein, doch die Eagles zeigen, dass es auch nicht gut ist.
Die Eagles versuchen im Grunde so zu spielen wie im Vorjahr. Das Problem damit ist jedoch, dass allen voran ihre Offensive Line dazu einfach nicht mehr gut genug ist. Right Tackle Lane Johnson ist verletzt, der massige Right Guard Mekhi Becton, der gerade im Run Game eine Macht war, spielt nun an der Westküste bei den Chargers. Die aktuelle Line ist nicht mehr so dominant, dass man es sich leisten könnte, weiter einfach nach Schema F zu spielen. Das gilt derweil auch aufgrund der Tatsache, dass die Defense aufgrund einer insgesamt schlechteren Front nach all den Abgängen im Frühjahr nicht mehr immer in der Lage ist, Defizite der Offense zu kompensieren.
So ist nun auch die Lage entstanden, dass die Eagles nicht mehr wie der sichere Sieger der NFC East aussehen. Die Cowboys, die sich seit der Trade Deadline merklich verbessert haben, sitzen ihnen im Nacken und haben ein Restprogramm, das die Vermutung nahelegt, dass sie wohl nicht mehr viel liegen lassen werden. Die Eagles wiederum müssen noch zu den Chargers (Woche 14) und Bills (Woche 17), was auf dem Papier nicht nach automatischen Siegen aussieht.
Sirianni will weiter an Patullo festhalten, rationale Argumente dafür fallen mir zumindest nicht ein.




































