Die Nordischen Kombinierer starten in Finnland in die Olympia-Saison. Bundestrainer Eric Frenzel gibt in seiner sport.de-Kolumne private Einblicke rund um seinen Reisestress in nächster Zeit.
Die neue Saison der Nordischen Kombinierer startet traditionell im finnischen Kuusamo und damit nur unweit von Rovaniemi, wo bekanntlich der Weihnachtsmann wohnt und von dort aus er jedes Jahr die Wünsche der Kinder aller Herren Länder bearbeitet.
Jetzt ist unsere achtjährige Tochter, Emma, schon eifrig dabei, interfamiliär an der Anerkenntnis ihres Erwachsenenstatus zu arbeiten, was sich in tagtäglichen Diskussionen über längere Zeiten des Aufbleibens (im Haus) bzw. Fernbleibens (außer Haus) niederschlägt, wenn es jedoch um den Weihnachtsmann geht, verstummen die forschen Gespräche und es wird auf "Kleinkindermodus" umgeschaltet.
Vor Tagen schon mehrten sich die Gespräche an Frühstücks- und Abendbrottischen unter der Teilnahme aller Kinder, in denen nicht der Weltcupauftakt, sondern "Papas Reise in die Nähe von Rovaniemi" thematisiert wurde.
Pünktlich vor der Abreise wurde mir dann auch von Emma eine Wunschliste mit den aussagekräftigen Worten "die muss mit" ausgehändigt. Der Nachsatz "und zwar nach Rovaniemi" konnte ich gerade noch so verstehen, weil sich die junge Dame schon wieder auf dem Weg aus dem Haus zu Freunden befand. Alles war selbsterklärend, so dass ich nun grundsätzlich um meine wahrscheinlich primäre Aufgabe des bevorstehenden Finnlandtrips Bescheid wusste.
Als ich den nächsten Morgen früh das Auto mit den Koffern bepackte und Emma sich im Vorbeigehen zur Schule verabschiedete, erinnerte sie mich mit einem "Aber in Rovaniemi selbst abgeben"-Stakkato an meine von ihrer angeordneten Mission.
Frenzel als Weihnachtsmann-Stellvertreter
Mein bereits in der Nacht vorformulierter Einwand, dass ich mich vom Team nicht entfernen können würde, um nach Rovaniemi zu reisen, um Wunschlisten meiner Tochter dem Weihnachtsmann persönlich zu übermitteln, zerschellte förmlich an der Autotür, die Emma eilig zuzog, um noch rechtzeitig zum Unterricht zu kommen.
Die Anreise nach Finnland, erst nach Helsinki und später nach Kuusamo verläuft mit dem Team reibungslos. Den Flug nutze ich, mir Emmas Wünsche zu Gemüte zu führen, damit ich weiß, was ich in Stellvertretung des Weihnachtsmannes zu besorgen habe.
Gedankenverloren füge ich aus Spaß meine persönlichen Wünsche hinzu: Gute Laune im Team während der gesamten Weltcupzeit, einen guten Mannschaftsgeist, ein schnelles Wiederkehren des derzeit verletzten Vinzenz Geiger, Konkurrenzfähigkeit, vor allem gegenüber den Norwegern und den Österreichern, ein gutes Adaptieren der Regeländerungen, Weiterführen der Erfolge aus der letzten Saison, Weltcupsiege und vor allem Olympische Medaillen, die bestenfalls in der Zukunft auch von den Kombinierinnen gewonnen werden sollten.
Als ich in Kuusamo aus dem Büro des Organisationskomitees komme, erkenne ich neben meinem Auto, die Kutsche des Weihnachtsmannes sofort, den ich doch ganzjährig in Rovaniemi wähnte. Ein kurzer Small-Talk mit dem Halter des Gefährts und alle wichtigen Wünsche sind persönlich zugestellt.
Ich sehe diese Begegnung selbstredend als ein großes Omen, dass alle Wünsche sich nun erfüllen werden.
